Nach Erdbeben in Japan und Island: Gefahr auch für Baden-Württemberg?
Baden-Württemberg gilt als das Bundesland in Deutschland, in dem es die meisten Erdbeben gibt. Besteht deshalb Grund zur Sorge? Ein Experte klärt auf.
Wochenlange Erdbebenwellen, ein Vulkanausbruch, Verwüstung, Brände und Tote. In den vergangenen Wochen schockierten Bilder von Erdbeben in Japan und Island Menschen weltweit. Auch hierzulande wächst die Sorge, dass vielleicht bald die eigenen vier Wände betroffen sein könnten. Denn Baden-Württemberg ist das erdbebenaktivste Bundesland in Deutschland.
Der Leiter des Landeserdbebendienstes (LED) in Freiburg, Stefan Stange, kann hier aber Entwarnung geben. "Eine Verbindung zwischen Baden-Württemberg und den Beben in Japan oder Island besteht nicht", sagt Stange. Die Vorkommnisse seien auf natürliche Schwankungen und Bewegungen der kontinentalen Platten zurückzuführen. "Bei uns hat sich in Sachen Erdbebengefahr daher nichts geändert", so der Leiter des LED.
Die Wahrscheinlichkeit für ein Beben der Stufe sieben auf der Magnituden-Skala, wie es nun in Japan stattfand, sei bei uns sehr unwahrscheinlich, aber theoretisch möglich. Als Beispiel nennt Stange das letzte heftige Erdbeben in Mitteleuropa, das 1356 die Schweizer Großstadt Basel in Trümmer legte. Auf Basis von historischen Berichten wird die Stärke auf 6,3 geschätzt.
Besteht eine Erdbebengefahr in Baden-Württemberg?
Erdbeben entstehen durch die Verschiebung der kontinentalen Platten, die ständig in Bewegung sind. Dabei entstehen Reibungen und Spannungen, die sich dann in Erdbeben lösen. Anders als in Island oder Japan liegt Deutschland allerdings nicht über einer Plattengrenze.
"Nur der Adriatische Sporn, ein Ausläufer der Afrikanischen Platte, ragt bis nach Italien hinein", sagt Stange. Bewegungen und leichte Beben seien deshalb nur selten und in abgeschwächter Form in Deutschland zu spüren. Grund hierfür seien die Alpen, die eine Verschiebung und das dazugehörige Beben abfangen, erläutert der Abteilungsleiter.
Gefährdungskarten als Vorbeugungsmaßnahmen: Präzise Erdbeben-Vorhersagen nicht möglich
Eine präzise Vorhersage von Erdbeben ist bisher nicht möglich. Daher sei die Vorsorge umso wichtiger, sagt Stange. Vorbeugungsmaßnahmen sind Gefährdungskarten, Bauvorschriften und Verhaltensregeln. Eine Gefährdungskarte benötigt eine aufwendige Berechnung, die aus vorherigen Ereignissen und der aktuellen Intensität der Plattenbewegung resultiert. "So kann dann ein Gefährdungsgebiet ausgemacht werden. In Baden-Württemberg sind das momentan der südliche Oberrhein und der Zollernalbkreis", meint der Erdbebenexperte.
Auch für die Türkei kann Stange eine Prognose ziehen. "In Istanbul wird schon länger ein Beben erwartet. Hier kann ich alles an Warnung aussprechen."
Sicherheitsvorkehrungen bei einem Erdbeben: Das sollten Betroffene tun
Gerade in Deutschland werden Häuser in Gefährdungszonen massiver gebaut. Bei einem Erdbeben sollen die Gebäude schließlich nicht einstürzen. Kommt es einmal zu einem Beben, sollte man sich laut Stange wie folgt verhalten: "Falls man in einem Gebäude ist, empfehle ich, Schutz unter einem großen Tisch zu suchen." Die Gefahr sei groß, dass ein herunterfallender Gegenstand zu Verletzungen führt. Wenn man sich im Freien befindet, empfiehlt der LED-Leiter, einen gewissen Abstand zu Häusern einzuhalten. "Man wird schnell von einem Dachziegel oder einer Fassade getroffen", so Stange.
Nach einem Erdbeben ist die Kontaktaufnahme mit dem Landeserdbebendienst dringend notwendig. Für Stefan Stange und sein Team sind persönliche Erfahrungsberichte sehr nützlich, um Gefahrenzonen und die Erdbebenstärke zu ermitteln. Hierfür gibt es auf der Website des LED ein Meldeportal.