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Als Heilbronn gut an den Fernverkehr der Bahn angebunden war

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Der schnellste Zug der Deutschen Bahn, der ICE, hält nicht in Heilbronn. Warum eigentlich nicht und war das schon immer so? Das erklärt die Stimme-Onlineredaktion im neuen Teil der Serie "Noch Fragen?"

Von Christoph Donauer
Der im Krieg zerstörte Heilbronner Bahnhof ist im Jahr 1958 wieder aufgebaut. Foto: Archiv/Eisenmenger
Der im Krieg zerstörte Heilbronner Bahnhof ist im Jahr 1958 wieder aufgebaut. Foto: Archiv/Eisenmenger  Foto: Eisenmenger, Hermann

Wie, wann und warum hat Heilbronn es verpasst, einen ICE-Anschluss zu bekommen? Warum gibt es generell keine bessere Bahnanbindung? Das will ein Stimme-Leser von unserer Redaktion wissen.

Und tatsächlich: Eigentlich liegt Heilbronn doch günstig zwischen Stuttgart, Würzburg und Mannheim, von wo aus schnelle ICE-Züge in die ganze Bundesrepublik ausschwärmen.

Die Recherche beginnt im Archiv der Heilbronner Stimme. Schlagzeilen wie "Niemals Superschnellzüge nach Heilbronn?" oder "Keine Intercity-Züge durch die Region Franken" lassen sich finden. Offenbar beschäftigt diese Frage die Region schon lange.

Die am schlechtesten angebundene Großstadt?

Der Name Fritz Heinß findet sich mehrmals. "Es gibt keine deutsche Großstadt, die so schlecht bedient wird wie Heilbronn", sagt Heinß, damals technischer Werkleiter der Heilbronner Stadtwerke, im Jahr 1983. "Das sehe ich auch heute noch so", sagt Heinß. Der 97-Jährige kann sich noch gut erinnern, wie er früher große Strecken mit dem Zug zurückgelegt hat. "Nach Berlin, Hamburg oder Bremen bin ich direkt von Heilbronn aus gefahren. Oder wenn ich nach Bonn musste."

Weiterlesen: Eine Chronologie der Fernverkehr-Geschichte in Heilbronn von 1939 bis heute

Berlin, Hamburg, Bonn? Waren diese Städte mal direkt von Heilbronn aus erreichbar? Anruf bei Matthias Lieb, Landesvorsitzender des Verkehrsclubs Deutschland. Dass es von Heilbronn aus keine Schnellzüge gab, muss Lieb korrigieren: "In den 1930er Jahren war Heilbronn durchaus gut an den Fernverkehr angebunden."

Früher ging's von Rom über Heilbronn bis nach Berlin

Das zeigt ein Blick in alte Kursbücher. In diesen sind Eisenbahnfahrpläne des letzten Jahrhunderts gesammelt. Ein Auszug aus dem Jahr 1939 zeigt, dass von Stuttgart über Heilbronn täglich mehrere Züge nach Frankfurt, Berlin und Wiesbaden fuhren. Zwei Züge starteten sogar aus Italien und fuhren von Neapel und Mailand aus über Heilbronn nach Berlin. Gut zehn Stunden dauerte die Fahrt.

"Deutlich wird der Bedeutungsverlust der Strecke von Stuttgart nach Würzburg für den Fernverkehr durch die deutsche Teilung", erklärt Lieb. Mit dem Bau der Berliner Mauer ist Berlin mit dem Zug nicht mehr direkt erreichbar. Einige Zugverbindungen werden deshalb neu geordnet.

Mit den elektrischen Zügen erlebt Heilbronn seine Hochzeit

In den 1960er- und 1970er-Jahren werden viele Zugstrecken in der Region mit elektrischen Oberleitungen ausgestattet. Von da an sind Frankfurt, Kaiserslautern und Hamburg direkt von Heilbronn mit schnellen Eilzügen oder Durchgangszügen (D-Zug) erreichbar. Sogar mit einem Schlafwagenzug kommen die Heilbronner in sieben Stunden nach Hamburg.

In das Intercity-Zug-Netz, das Anfang der 80er-Jahre 47 Großstädte in Deutschland verbindet, wird Heilbronn jedoch nie eingebunden. „Während die von den komfortablen Intercity-Zügen direkt berührten Großstädte künftig über hervorragende Fernverbindungen auf der Schiene verfügen, bleibt das württembergische Unterland weiter im Windschatten der großen Schienen-Magistralen“, schreibt unsere Redaktion damals. Stattdessen fahren Busse die Fahrgäste nach Würzburg oder Mannheim. Ein System, das aufgrund mangelnder Nachfrage bald scheitern sollte.

Schnellfahrstrecke bedeutet das Ende für schnelle Züge durch die Region

Auf der Schnellfahrstrecke zwischen Stuttgart und Mannheim sparen die Züge viel Zeit ein. Foto: dpa
Auf der Schnellfahrstrecke zwischen Stuttgart und Mannheim sparen die Züge viel Zeit ein. Foto: dpa  Foto: Mathias Ernert (dpa)

Das Jahr 1991 läutet langsam aber sicher das Ende des Fernverkehrs für Heilbronn ein. Die Schnellfahrstrecken zwischen Mannheim und Stuttgart und zwischen Würzburg und Hannover werden eröffnet. Die Reisezeit in den Norden wird vor allem durch die Schnellfahrstrecke Stuttgart/Mannheim um 30 Minuten kürzer, weshalb viele Verbindungen auf diese Strecke verlegt werden.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Noch immer ist die Strecke durchs Unterland zu kurvig und nicht für Geschwindigkeiten zwischen 200 und 300 Stundenkilometern ausgelegt. Und: "Die Strecke über Heilbronn ist nicht nur langsamer, sondern hat auch signifikant weniger Einwohner im Einzugsgebiet", erklärt Matthias Lieb. Ideen wie eine komplett neue Schnellfahrstrecke Stuttgart/Würzburg oder ICE mit Neigetechnik, die auf der kurvigen Strecke fahren können, werden letztlich für Heilbronn verworfen.

Das bestätigt auch die Deutsche Bahn auf Anfrage: "Heilbronn liegt insbesondere im Verkehrsschatten der Schnellfahrstrecke zwischen Mannheim und Stuttgart." Die Fernverkehrszüge seien rund eine Stunde langsamer, wenn sie durch die Region und nicht über die Schnellfahrstrecke fahren würden. Ein Zeitverlust, der sich wegen der wenigen Reisenden für die Bahn nicht lohnt, so der Bahnsprecher.

Bahn: Bald könnt der Intercity dauerhaft fahren

Dass ab Ende April nun doch ein ICE am Hauptbahnhof der Käthchenstadt hält, liegt an der Bundesgartenschau und der „dann voraussichtlich höheren Reisendennachfrage“, heißt es von der Bahn. Man werde aufmerksam beobachten, wie viele Menschen die ICE- und IC-Züge nach Stuttgart, Mainz und Köln für eine Reise nutzen.

Für die Zukunft gibt es noch eine kleine Hoffnung für eine Anbindung Heilbronns an den Fernverkehr. Langfristig, ab dem Jahr 2028, plane die Deutsche Bahn, einen Intercity-Zug (IC) zwischen Stuttgart und Würzburg über Heilbronn zu schicken. Alle zwei Stunden könnte dann ein Fernverkehrszug das Unterland mit der Welt verbinden.

 

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