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Waldfriedhof in Eberstadt: Viele haben sich ihren Wunschbaum gesichert

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Seit gut einem Jahr gibt es den Waldfriedhof der Gemeinde Eberstadt. Ein Rundgang im Pfadbirkle.

Von unserer Redakteurin Anja Krezer
Mit diesen Plaketten sind die Bestattungsbäume gekennzeichnet.
Mit diesen Plaketten sind die Bestattungsbäume gekennzeichnet.

Man sieht auf den ersten Blick nicht, welches die besonderen Bäume sind. Die, um die im Radius von zwei, drei Metern Urnen mit Asche vergraben sind oder noch werden. Die, um die Menschen in langen Spaziergängen herumgehen, vielleicht die Stämme berühren, zu den Kronen hochschauen, eventuell die Umgebung taxieren und sich dann sagen: "Genau an diesem Baum soll einmal meine Asche beigesetzt werden."

Die 150 besonderen Bäume sehen aus wie alle anderen Eichen und Buchen und Lärchen im Pfadbirkle bei Eberstadt: Manche sind stark und hoch und alt, andere schmächtig und klein und jung. Einzig an einer kleinen Plakette mit einer Nummer drauf, manchmal noch an einem roten Band, sind sie als Bestatttungsbäume zu erkennen. Seit gut einem Jahr gibt es den Waldfriedhof der Gemeinde Eberstadt. Ein Rundgang.

Federn

Jemand hat zwei große Blätter einer Zimmerpflanze nebeneinander gelegt und links und rechts Federn einer Elster in den Waldboden gesteckt. Vielleicht ein Kind oder ein Enkel eines der Verstorbenen, die unter diesem Baum beigesetzt sind? Ein paar Schritte weiter liegen Hagebuttenzweige auf der Erde. Derartige Dinge sind erlaubt. "Nicht erlaubt sind klassischer Grabschmuck und Grabsteine", sagt Andrea Siebel vom Rathaus. Die Grabpflege ist Sache der Natur. Auf Wunsch werden die Namen auf kleinen Plaketten an den Stamm genagelt. Wer will, bleibt anonym.

Besonders im Herbst ist der bewusst schlicht gehaltene Platz des Abschieds ein sehr stimmungsvoller Ort. Fotos: Dennis Mugler
Besonders im Herbst ist der bewusst schlicht gehaltene Platz des Abschieds ein sehr stimmungsvoller Ort. Fotos: Dennis Mugler

Wer an einem Novembermorgen wie diesem zum Pfadbirkle an der Kreisstraße zwischen Eberstadt und Cleversulzbach kommt, dem erschließt sich der Reiz dieses besonderen Ortes sofort. Man läuft auf eine kleine Lichtung zu, gesäumt von Baumriesen: der Platz des Abschieds. Unter den Sohlen knirschen Eicheln. Die Vormittagssonne durchleuchtet gelbe, braune und blassgrüne Buchen- und Eichenblätter. Hin und wieder schwebt eines zu seinen unzähligen Geschwistern auf den feuchten Waldboden. Ein paar Holzbänke, von Waldarbeitern gemacht, ein Kreuz aus Eichenbalken eines alten Eberstädter Hauses, ein behauener Sandsteinklotz vom Eberfirst: Alles, was hier nicht Natur ist, atmet Natürlichkeit. Ein schlichter, würdevoller Ort. Wer möchte, kann am Platz des Abschieds eine Trauerfeier für seinen Angehörigen abhalten. Siebel: "Viele machen aber die klassische Bestattungsfeier auf einem Friedhof." Im Pfadbirkle wird dann die Urne im engsten Kreis beigesetzt. "Viele wünschen sich einen Pfarrer dabei, damit die Grabstelle gesegnet ist."

Alles atmet Natürlichkeit − auch die Hinweisschilder.
Alles atmet Natürlichkeit − auch die Hinweisschilder.

Die Asche von zwölf Menschen ist mittlerweile in dem 4,5 Hektar großen Waldstück in verrottbaren Urnen begraben. "Davon nur zwei aus Eberstadt", weiß Diplom-Verwaltungswirtin Siebel. Die meisten wohnten in Weinsberg und Gellmersbach. Anders bei den 15 Familienbäumen, die bereits verkauft sind und unter denen später jeweils maximal zwölf Urnen beigesetzt werden können: "Da sind die meisten Käufer aus Eberstadt. Viele Bürger kennen sich aus und haben sich ihren Wunschbaum gleich gesichert."

In jüngerer Zeit, seit es hin und wieder Führungen gibt, sei das Interesse sehr gestiegen, sagt die Rathaus-Mitarbeiterin. Vor allem an Gemeinschaftsbäumen, unter denen mehrere Urnen beigesetzt werden können.

Eberfirst

Der Baum 001 war einer der ersten, der vergeben war. Von dieser Eiche, nur ein paar Schritte abseits der Hangkante am Eberfirst, schweift der Blick weit über Eberstadt, nach Gellmersbach und bis zur Weibertreu, umkränzt und durchsetzt von rot-gelb-grünen-braunen Rebhängen und ebensolchen Wäldern. Man schaut und staunt und schwelgt im Herbst.

Andrea Siebel bestückt die Tafel am Parkplatz mit Infomaterial.
Andrea Siebel bestückt die Tafel am Parkplatz mit Infomaterial.

Manche Bestattungsbäume liegen an Wegen. Viele nicht. Wie findet ein Interessent sein Wunsch-Exemplar? "Er kommt ins Rathaus und kann eine Karte mitnehmen, auf der die Bäume eingezeichnet sind." Oder er sucht mit Hilfe von GPS. Manche wollen hier beigesetzt werden, weil der Waldfriedhof an ihrer Standard-Motorradstrecke liegt. Andere entscheiden sich für diesen Ort, weil sie als Familie gemeinsam mit einer befreundeten Familie unter ein und demselben Baum bestattet werden können.

Eine, die sich auskennt, ist Verena Schweikert. Als Bestattungsordnerin der Gemeinde betreut sie die Beisetzungen auf allen drei kommunalen Friedhöfen. "Das Ambiente, die Stimmung im Wald: Das ist schon etwas Besonderes. Durch die Naturbelassenheit wirken die Bestattungen etwas weniger formell."

 

Was eine Urnenbestattung kostet

150 Bäume sind in dem 4,5 Hektar großen Gelände als Bestattungsbäume ausgewiesen. Vorhanden ist eine mögliche Erweiterungsfläche mit 3,9 Hektar. Es gibt Einzel-, Doppel-, Familien- oder Gemeinschaftsbestattungsbäume. Die Bäume sind je nach Lage und Wuchs in drei Wertungsstufen eingeteilt. Zwei Beispiele: Ein Bestattungsplatz an einem Gemeinschaftsbaum, wo man nicht beeinflussen kann, neben wem man beigesetzt wird, kostet 750 Euro. Zwei Bestattungsplätze an einem Familienbaum der Wertungsstufe eins ("herausragende Naturausstattung und Lage") kosten 4250 Euro. Jede weitere Bestattung eines Familienmitglieds kostet 500 Euro. Das Nutzungsrecht liegt in der Regel bei 99 Jahren. Neben den Beträgen für die Bestattungsplätze fallen noch weitere Kosten an - etwa 250 Euro für Öffnen und Schließen der Grabstätte. Eine Besonderheit in Eberstadt ist, dass der Friedhof komplett unter Regie der Gemeinde geführt wird. In Obersulm zum Beispiel erledigt das Marketing die Ruheforst GmbH. jaz

 
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