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Obersulm
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Mit Leib und Seele

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Küfer Walter Vollert hat sein goldenes Meisterjubiläum gefeiert - Vollert-Fässer bis heute in vielen Betrieben

Von Gustav Döttling
Zu Hammer und Setzer greifen Küfer Walter Vollert und Sohn Jochen nur noch selten, um am Meisterfass von 1965 zu zeigen, wie man die Ringe festklopft. Foto: Döttling
Zu Hammer und Setzer greifen Küfer Walter Vollert und Sohn Jochen nur noch selten, um am Meisterfass von 1965 zu zeigen, wie man die Ringe festklopft. Foto: Döttling

Zu Hammer und Setzer, dem Werkzeug um Kopf-, Hals- und Bauchring an die Fässer anzupassen, greift Walter Vollert, nur noch selten. Nur bei Weinfesten führt der Meister seines Fachs die alte Handwerkskunst noch manchmal vor. An den Wänden der Weinprobierstube der Familienkellerei präsentiert er seine alten Werkzeuge. Dort hängen Zirkel, Küferschlegele, Setzer oder Dechsel, mit dem er das Fassinnere geglättet hat.

Vor 50 Jahren hat Walter Vollert, Jahrgang 1943, aus Obersulm-Willsbach in Reutlingen-Betzingen die praktische Meisterprüfung im Fassküferhandwerk abgelegt. Am 27. Juli 1965 hat er den Weinküfer-Meisterkurs in der Weinbauschule Weinsberg erfolgreich abgeschlossen. Am Wochenende feierte der Obersulmer mit zehn Meisterkurskollegen in Weinsberg, Obersulm und Lauffen sein goldenes Meisterjubiläum. Sechs Absolventen dieses Meisterkurses von 1965 überreichte Jürgen Wörthmann, Vorsitzender des Bundesverbandes des deutschen Fass- und Weinküferhandwerks, in Lauffen die Goldene Meisterurkunde der Handwerkskammer Heilbronn.

20 Wochen hat der Meisterkurs damals gedauert. Acht davon lebte Vollert mit seinen Kameraden im Internat der Meisterschule in Betzingen. Anschließend war die Weinbauschule Weinsberg zwölf Wochen lang seine Heimat. "Wir waren der letzte Kurs, der an der Fachschule in Reutlingen-Betzingen den Meisterkurs bei Herbert Kindler absolvierte, danach wurde die Schule geschlossen", erinnert er sich.

Plastik

Weil in der Wein- und Mostwirtschaft Plastikfässer und Edelstahltanks Einzug hielten, habe die Holzküferei keine Zukunft mehr gehabt. Heute müssen Fassküfer-Lehrlinge zum Blockunterricht ins Berufsschulzentrum im österreichischen Pöchlarn, weil es für diese Ausbildung in Deutschland keine Berufsschule mehr gibt. "Mein Gesellenstück musste ich in drei Tagen komplett von Hand machen, für das Meisterstück hatten wir eine Woche Zeit und durften bereits Maschinen benutzen", erzählt der Küfermeister. Sein Meisterstück ist ein 600 Liter fassendes ovales Fass, das wegen seiner Form und seines Bodenaufrisses besonders schwierig herzustellen ist. "Lehrlinge durfte damals nur ausbilden, wer eine Meisterprüfung im Fass- und Weinküferhandwerk hatte, das hat sich dann geändert", berichtet Vollert.

Vor rund 20 Jahren hat er sein letztes Fass gewerblich hergestellt und verkauft. "50 Pfennig pro Liter Fassinhalt hat man für ein rundes Eichenfass erhalten, ein ovales Fass brachte 60 Pfennig pro Liter", erzählt der heutige Rentner. "Bei meinem Beruf hatte ich keine Wahl. Schon in der Schule war klar, dass ich als einziger Sohn wie mein Vater und der Großvater Küfer lerne."

17. Jahrhundert

Die Lehrzeit hat er im elterlichen Betrieb absolviert. Er lernte das Fügen der Fassdauben am Fügblock, einem zwei Meter langen schrägen Hobel. Sein Vater Gotthilf brachte ihm bei, wie man mit Feuer und Wasser die Dauben biegen kann, ohne dass sie brechen. "Wir haben unser Eichenholz im Obersulmer Wald gekauft", berichtet der Küfermeister. Vier Jahre trockneten die speziell gesägten Eichenhölzer aufgeschichtet im Garten der Küferei, ehe sie zu Fässern verarbeitet wurden. "Mein größtes Fass hatte 1200 Liter", erzählt er stolz. Die Fässer wurden auf Vorrat produziert und im Herbst an Weingärtner und Obstbauern verkauft.

Vollert-Fässer stehen in vielen Weinbaubetrieben des Weinsberger Tals. Auch Blumenkübel und Waschzuber hat er hergestellt. Seine Frau Irmgard, eine Weingärtnerstochter, hat er 1969 geheiratet. Zwei seiner drei Söhne führen die bis ins 17. Jahrhundert reichende Familientradition fort. Reiner Vollert ist Weinküfermeister und führt seit 2012 die Weinkellerei. Als Geselle geht ihm sein Bruder Jochen zur Hand. Gemeinsam produzieren sie rund 80000 Liter Wein im Jahr und sind als Lohnabfüller Dienstleister für andere Weinbaubetriebe.

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