Weg frei für die Ampel? Reaktionen von Bundestagsabgeordneten aus der Region
Am Ende eines chaotischen Tags ist klar: Die kleinen Partner wollen zuerst mit der SPD über eine Regierung sprechen. Wir fassen den Stand der Sondierungen zusammen und zeigen, wie Bundestagsabgeordnete aus der Region auf die Dreier-Gespräche blicken.

Zwei Dutzend Regierungsbildungen hat die Bundesrepublik hinter sich, derzeit macht das politische Berlin allerdings nicht den Eindruck, als ob es daraus etwas gelernt hätte. Nachdem die Sondierungsgespräche zwischen Union, SPD, Grünen und FDP schon von Indiskretionen gestört wurden, reihten sich am Mittwoch viele handwerkliche Fehler aneinander. Am Ende eines chaotischen Tages war immerhin klar: Grüne und FDP wollen zunächst mit der SPD über eine Ampel-Regierung reden.
Den Reigen der bösen Fouls eröffneten die Grünen. Die Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck traten um zehn Uhr vor die Presse, um das Ergebnis der internen Beratungen bekanntzugeben, die am Dienstag begonnen hatten. Seine Partei sehe in einer Ampel-Koalition "die größten inhaltlichen Schnittmengen", erklärte Habeck da wenig überraschend.
Zum Zeitpunkt des Grünen-Pressestatements trat die FDP-Spitze allerdings erst zu Beratungen zusammen, die Liberalen um ihren Chef Christian Lindner wurden also mit einem Ergebnis konfrontiert und unnötig unter Druck gesetzt.
Lindner konnte da kaum anders, als dem Gesprächsangebot der Grünen zu folgen. Alles andere hätte einen Affront bedeutet und die Verhandlungen womöglich frühzeitig platzen lassen. Am heutigen Donnerstag soll es schon das erste Treffen geben, SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz reagierte vergleichsweise emotionslos mit einem knappen Pressestatement.
Die Reaktion von Markus Söder
Im fernen München machte das Vorgehen von Grünen und FDP keinen guten Eindruck. CSU-Chef Markus Söder reagierte angefasst und nannte die beginnenden Verhandlungen von SPD, Grünen und FDP eine "klare Vorentscheidung" für die künftige Regierungsbildung. CDU und CSU müssten jetzt die Realitäten anerkennen und sich mit der Situation abfinden. "Wir bleiben zwar gesprächsbreit, aber nicht in einer Art Dauerlauerstellung", sagte er.
CDU-Chef Armin Laschet gab sich demonstrativ gelassen. Die Union respektiere die Gespräche zwischen SPD, Grünen und FDP, sagte er in Düsseldorf. Dass er die CSU in sein moderates Statement einbezog, dürfte wiederum den Ärger bei Dobrindt und Söder noch verstärkt haben. Beide waren da ohnehin schon sauer auf Laschet – denn die FDP hatte deutlich gemacht, dass sie sich auch aus Ärger über den Führungsstreit bei der Union jetzt erst einmal für die SPD entschieden hat.
Die vielen Fehler während des Wahlkampfs werden bei der CSU allein Laschet in die Schuhe geschoben, dass zuletzt Details aus den Sondierungsgesprächen nach draußen drangen, lasten ihm viele Christsoziale ebenfalls an. Zwar war auch am Mittwoch überhaupt nicht klar, wer da welche Infos durchgestochen hatte. Doch vielen bei CSU und CDU ist jedes Mittel recht, um den Druck auf den ungeliebten Parteivorsitzenden zu erhöhen.
Reaktionen von Bundestagsabgeordneten aus der Region
Wie reagieren die Bundestagsabgeordneten aus der Region auf die Dreier-Gespräche? Der Heilbronner SPD-Abgeordnete Josip Juratovic begrüßt die Einigung. "Ich halte es für richtig, dass die drei Parteien, die bei der Wahl deutlich zugelegt haben, jetzt in Sondierungsgespräche eintreten." Die Bevölkerung wünsche sich "mit großer Mehrheit" eine von Olaf Scholz geführte Ampel-Koalition. Und weiter: "Gesprächsbedarf wird es sicher beim Thema Steuern, beim Mindestlohn und bei sozialpolitischen Themen geben."
Der Hohenloher Grünen-Abgeordnete Harald Ebner freut sich, dass es vorangeht: "Nichts braucht das Land weniger, als eine ewige Hängepartie wie 2017." Es sei wichtig gewesen, dass Grüne und FDP im Vorfeld Spielräume ausgelotet haben. Statt um Differenzen gehe es nun darum, "Gemeinsamkeiten und eine gemeinsame Agenda für das Land zu finden". Der Heilbronner FDP-Abgeordnete Michael Link will sich zurzeit noch nicht äußern, um den Gesprächen nicht vorzugreifen.
Alexander Throm, CDU-Abgeordneter für den Wahlkreis Heilbronn, ist von den Gesprächen ohne seine Partei nicht überrascht. "Es ist bemerkenswert, wie schnell die FDP, entgegen ihren Aussagen vor der Wahl, eine Fantasie für die Ampel entwickelt hat, die mit SPD und Grünen eine mehrheitlich links der Mitte geführte Regierung wäre." Er sehe das Bündnis besonders mit Blick auf innere Sicherheit und Steuerung von Migration kritisch.
Mehr Verständnis hat der Hohenloher CDU-Abgeordnete Christian von Stetten. Bundesweit habe die CDU verloren. "Deshalb ist es ganz normal, dass zunächst die SPD versucht, eine Regierung aufzustellen", sagt er. "Sollte das nicht gelingen, werden wir uns weiteren Gesprächen nicht verweigern."