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Was es bei den Wahlpartys der Hohenloher Kandidaten zu erleben gab

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Motivtorten und Pizzaschachteln zum Wahlabend: Von großem und verhaltenem Jubel, erfüllten Erwartungen und regen Hoffnungen.

Von Ralf Reichert und Yvonne Tscherwitschke
Gute Stimmung bei der SPD: Kandidat Kevin Leiser (r.) freut sich mit der Vorsitzenden der SPD Hohenlohe, Caroline Vermeulen, sowie den Vize-Vorsitzenden Hans-Jürgen Saknus und Daniel Vogelmann.
Foto: Reichert
Gute Stimmung bei der SPD: Kandidat Kevin Leiser (r.) freut sich mit der Vorsitzenden der SPD Hohenlohe, Caroline Vermeulen, sowie den Vize-Vorsitzenden Hans-Jürgen Saknus und Daniel Vogelmann. Foto: Reichert  Foto: Reichert, Ralf

Im "Goldenen Adler" in Schwäbisch Hall laufen Sonntagabend gleich zwei Wahlpartys: SPD und FDP feiern nur ein paar Meter voneinander entfernt. Leuchtet da etwa schon eine Ampelkoalition auf? Nein, nein, das ist reiner Zufall, versichern beide Parteien unisono. Die Stimmung ist in beiden Räumen gelöst. Gespannt verfolgen die Mitglieder, wie SPD und FDP von Hochrechnung zu Hochrechnung weiter Stimmen gutmachen.

Bombiges Ergebnis

"Es ist bombig, wie wir als SPD aufgeholt haben", strahlt Kevin Leiser, der 27-jährige Direktkandidat aus Blaufelden. "Wir haben einen klasse Wahlkampf gemacht." Als er seine Kandidatur bekanntgegeben habe, meinten viele noch: "Der Kerle hat doch keine Chance." Jetzt hat sich das Blatt gewendet. Für ihn ist klar: "Scholz soll Kanzler werden." Das sieht auch Caroline Vermeulen, Vorsitzende der SPD Hohenlohe, so: "Die SPD hat in der Region und im Bund gezeigt, dass sie eine stabile Größe ist. Wir freuen uns über diesen Vertrauensgewinn."

Zuversichtlich

Als die zweite Hochrechnung eingeblendet wird, applaudieren die FDP-Mitglieder um den Kandidaten Valentin Abel (Mitte, stehend). Die Wahlparty lief wie die der SPD im "Goldenen Adler" in Hall.
Foto: Reichert
Als die zweite Hochrechnung eingeblendet wird, applaudieren die FDP-Mitglieder um den Kandidaten Valentin Abel (Mitte, stehend). Die Wahlparty lief wie die der SPD im "Goldenen Adler" in Hall. Foto: Reichert  Foto: Reichert, Ralf

"Es sieht aktuell sehr danach aus, dass ich den Einzug in den Bundestag schaffe": Valentin Abel (30) aus Westernhausen will um 19.30 Uhr zwar noch nicht den Tag vor dem Abend loben. Am Ende dürfte es aber reichen. Michael Schenk, Kreisvorsitzender der FDP Hohenlohe, hätte sich im Bund zwar noch "ein bisschen mehr gewünscht, etwa 14 Prozent". Dass die SPD so stark zugelegt hat und die CDU so viel verloren, "hat mich überrascht". Aber er ist zufrieden. Welche Koalition wäre ihm am liebsten: Jamaika oder Ampel? "Ich kann mit beidem leben. Ganz wichtig ist, dass wir jetzt nicht gegen Rot-Grün-Rot ausgespielt werden können." Dies habe die Verhandlungsposition der FDP gestärkt, meint auch Stephen Brauer, Kreisvorsitzender in Hall. Jamaika wäre ihm zwar lieber, aber eine Ampel wäre auch okay: "So fern sind wir den Genossen in unserem Wahlkreis ja ohnehin nicht. Ich finde, Kevin Leiser hat einen super Wahlkampf gemacht."

Betretene Gesichter

Betretene Mienen bei der Wahl-Party der Linken im Parteibüro in Hall: Kandidat Cedric Schiele (Dritter v. l.) und Vize-Vorsitzender Simon Brecht (daneben) sagen: "Das Ergebnis ist katastrophal."
Foto: Reichert
Betretene Mienen bei der Wahl-Party der Linken im Parteibüro in Hall: Kandidat Cedric Schiele (Dritter v. l.) und Vize-Vorsitzender Simon Brecht (daneben) sagen: "Das Ergebnis ist katastrophal." Foto: Reichert  Foto: Reichert, Ralf

Betretene Mienen gibt es auf der Wahlparty der Linken in Hall: "Wir sind sehr enttäuscht. Das ist ein katastrophales Ergebnis", sagt Direktkandidat Cedric Schiele. "Mich hat der Bundestrend voll getroffen. Ich glaube nicht, dass es an meinem Wahlkampf lag", analysiert der 24-jährige Haller. "Um 18 Uhr war ich geschockt. Ich habe auf Bundesebene schon mit Verlusten gerechnet, aber nicht in dieser Form." Simon Brecht, Vize-Chef des Kreisverbands Schwäbisch Hall-Hohenlohe: "Wir haben unsere Wählergruppe nicht erreicht und sind im Kampf der drei Kanzlerkandidaten untergegangen." Die Linke im Bund müsse sich nun einige Fragen stellen: inhaltlich und personell.

Gebannter Blick auf die Zahlen

Jens Moll (Mitte) kommt kurz nach 18 Uhr in der Sportsbar in Michelbach/Bilz an und bekommt vom Landtagsabgeordneten Anton Baron (rechts) und Udo Stein die aktuellen Hochrechnungen.
Foto: Tscherwitschke
Jens Moll (Mitte) kommt kurz nach 18 Uhr in der Sportsbar in Michelbach/Bilz an und bekommt vom Landtagsabgeordneten Anton Baron (rechts) und Udo Stein die aktuellen Hochrechnungen. Foto: Tscherwitschke  Foto: Tscherwitschke, Yvonne

Kurz nach 18 Uhr verfolgen rund 20 Menschen in der Sportsbar in Michelbach/Bilz gebannt die erste Hochrechnung. Die Gesichtszüge entspannen sich: Wohl hat die AfD nicht das Ergebnis von 2017 erreicht. Aber das Resultat ist zweistellig. "Wir haben unsere noch junge, erst 2013 gegründete Partei etabliert", sagt Kreissprecher Udo Stein. "Wir sind zum zweiten Mal im Bundestag. Wohl ohne Stimmzuwachs. Jetzt müssen wir halt erwachsen werden." Zu diesem Zeitpunkt fehlt noch Kandidat Jens Moll (38). Da er eine blaue Motivtorte für sein Unterstützerteam gebacken hat, muss er von Öhringen nach Michelbach/Bilz langsamer fahren. Trotzdem ist das Kunstwerk etwas verrutscht. Das tut der guten Stimmung aber keinen Abbruch.

Gejubelt wird in Wackershofen

Applaus brandet auf im Saal des Museumsgasthofs "Zum Roten Ochsen", als Harald Ebner verkündet, dass er zuversichtlich ist, für Hohenlohe wieder nach Berlin zu fahren.
Foto: Yvonne Tscherwitschke
Applaus brandet auf im Saal des Museumsgasthofs "Zum Roten Ochsen", als Harald Ebner verkündet, dass er zuversichtlich ist, für Hohenlohe wieder nach Berlin zu fahren. Foto: Yvonne Tscherwitschke  Foto: Tscherwitschke, Yvonne

Gejubelt wird bei der Baden-Württemberg-Hochrechnung eine knappe Stunde später im Museumsgasthof in Wackershofen. Es gibt Applaus für Grünen-Kandidat Harald Ebner (57), der seinen Wiedereinzug in den Bundestag verkündet. Die Zahlen aus dem Hohenlohekreis sind noch lückenhaft, das veranlasst Ebner zu sagen: "Dem Braten trau" ich noch nicht." Doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass CDU-Kandidat Christian von Stetten das Direktmandat geholt hat. Den schwarz-grünen Zweikampf hat bei der Landtagswahl Catherine Kern für sich entschieden und den CDU-Kandidaten Arnulf von Eyb auf den zweiten Platz verwiesen.

Froh über Ergebnis

Darauf hatte die grüne Basis nochmal gehofft, zumal die Grünen lange Zeit im Aufwind waren. "Es war ein harter Wahlkampf", urteilt Harald Ebner und spricht von "Materialschlacht". "Froh über den Ausgang" sind die Kirchberger Robert Schmied-Denkler und Claus Krüger. "Ich freu" mich, dass wir drittgrößte Partei sind", sagt Landtagsabgeordnete Catherine Kern. Kreisvorsitzender Willi Griese findet das Ergebnis gut, gibt aber zu, dass die Erwartungen etwas höher gewesen seien.

Wahlkreis-Gewinner feiert in der Disko

Mit rund 80 Menschen feiert Christian von Stetten (Zweiter von rechts), wieder das Direktmandat für die CDU im Wahlkreis geholt zu haben und damit erneut im Bundestag zu sein.
Foto: Yvonne Tscherwitschke
Mit rund 80 Menschen feiert Christian von Stetten (Zweiter von rechts), wieder das Direktmandat für die CDU im Wahlkreis geholt zu haben und damit erneut im Bundestag zu sein. Foto: Yvonne Tscherwitschke  Foto: Tscherwitschke, Yvonne

Kurz nach 20 Uhr steht Christian von Stetten (51) in der Kantine 26 im Haller Solpark. Er, der nicht über die Landesliste abgesichert war, hatte die letzte Woche vor der Wahl nochmals richtig Gas gegeben. Jetzt zeigt der schwarze Balken für den Hohenlohekreis weit über 30 Prozent. "Friedrich Merz hat als Erster gratuliert", sagt von Stetten, der sein Leben als Berufspolitiker beibehalten kann. Das freut auch seinen Vater Wolfgang von Stetten, der für ihn etwa zehn Wahlkampftermine gemacht hat. "Wir haben uns keine Sorgen gemacht", sagt unterdessen Benedikt Egetemeyr (20) aus Crailsheim und schiebt einen leeren Pizzakarton auf dem Tisch zur Seite. "Wir haben das beste Angebot."

 
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