Themen der Wahl: Die Rente
In unserer Serie zu den Themen der Wahl beschäftigen wir uns diesmal mit der Rente. Unser Korrespondent weiß, die nächsten Rentenreform ist sicher.

Andrea Nahles schaltete den Turbo ein. Kaum hatte die große Koalition zu Beginn des Jahres 2014 ihre Arbeit aufgenommen, legte die neue Arbeitsministerin von der SPD ein dickes Gesetzespaket zur Reform der Rente auf den Tisch, das bereits wenige Monate später, im Mai 2014, vom Bundestag verabschiedet wurde. Ein Kunststück war das nicht. Bereits in den Koalitionsverhandlungen hatten Union und SPD alle Konflikte aus dem Weg geräumt und sich auf ein ganzes Bündel von Maßnahmen geeinigt. Dank der boomenden Wirtschaft, der gestiegenen Zahl an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen und den guten Tarifabschlüssen gab es für die rund 20 Millionen Rentner in den vergangenen Jahren deutliche Rentenerhöhungen.
Seit 2010 stiegen die Altersbezüge im Westen um 14,1 Prozent, im Osten gar um rund 23 Prozent. Gleichzeitig blieb der Beitragssatz seit Januar 2015 stabil bei 18,7 Prozent und dürfte auch bis voraussichtlich 2020 bei diesem Wert bleiben. Wie es danach weitergeht, ist offen.
Bilanz: Legislaturperiode der Wohltaten
Es war eine Legislaturperiode der Wohltaten. Zukunftssicher wurde das Rentensystem nicht gemacht. Für die SPD gab es die Rente mit 63. Arbeitnehmer, die vor dem 1. Januar 1953 geboren wurden und 45 Jahre lang Beiträge in die Rentenkasse einbezahlt haben, können bereits mit 63 Jahren abschlagsfrei ihren Ruhestand genießen. Die Rente mit 63 stieß auf großes Interesse: 2015 nahmen rund 250.000 Beschäftigte die Gelegenheit zu einem früheren Ruhestand wahr, 2016 waren es 241 000 Arbeitnehmer.
Im Gegenzug setzte die CSU ihre Forderung nach einer Besserstellung der Mütter durch. Rund zehn Millionen Frauen, die vor 1992 Kinder auf die Welt gebracht haben, erhalten pro Kind nicht mehr einen, sondern zwei Rentenpunkte gutgeschrieben. Zudem setzten die Regierungsparteien deutliche Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente sowie bei Reha- und Präventionsleistungen durch.
Damit nicht genug. Kürzlich erst räumte die Regierung ein jahrzehntelanges Streitthema vom Tisch und beschloss, die seit der Wiedervereinigung 1990 bestehende Ungleichbehandlung von ostdeutschen Rentnerinnen und Rentnern abzuschaffen. Bis 2024 wird stufenweise ein bundesweit einheitliches Rentenrecht eingeführt.
Auf Druck der Union führte die Koalition die Flexi-Rente ein, um für ältere Arbeitnehmer flexiblere Übergänge in den Ruhestand zu schaffen. So ist es möglich, dass Arbeitnehmer nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiterarbeiten, um ihren Rentenanspruch zu erhöhen. Zuletzt wurde noch die Attraktivität der Betriebsrenten erhöht.
Ausblick: Unterschiedliche Modelle für die Zukunft
CDU und CSU sehen zunächst keinen Grund für weitere Reformen. Um in einem parteienübergreifenden "gesellschaftlichen Konsens" zu klären, wie es nach 2030 weitergeht, wenn die geburtenstarken Jahrgänge aus dem Erwerbsleben ausscheiden, soll eine Rentenkommission eingesetzt werden, "die bis 2019 Vorschläge erarbeiten soll".
Die SPD fordert ein dauerhaft stabiles Rentenniveau bis zum Jahr 2030 "von mindestens 48 Prozent", was dem derzeitigen Stand entspricht. Der Beitragssatz soll nicht über 22 Prozent steigen. Zudem soll es für Menschen mit einem niedrigen Einkommen, die 35 Jahre oder länger gearbeitet, Kinder oder Angehörige betreut haben, eine erhöhte Solidarrente geben. Außerdem sollen Selbständige, die nicht in einem Versorgungswerk abgesichert sind, in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden.
Eine "Umkehr in der Rentenpolitik" fordert die Linke. Das frühere Rentenniveau von 53 Prozent soll "sofort wiederhergestellt werden". Zudem fordert die Linke die Einführung einer solidarischen Mindestrente von 1050 Euro pro Monat und die Abschaffung der Riester-Rente.
Die Grünen halten an ihrer Idee der Bürgerversicherung fest. Außerdem fordern sie einen flexibleren Übergang in die Rente - gerade für Menschen in anstrengenden Berufen. Auch die FDP fordert mehr Flexibilität. Beispielsweise sollen alle Hinzuverdienstgrenzen für Rentner abgeschafft werden. Die AfD schließlich plädiert für eine stärkere Mitfinanzierung der gesetzlichen Rente aus Steuermitteln. Die volle Rente soll es in jedem Fall nach 45 Beitragsjahren geben.