Themen der Wahl: Die Finanzpolitik
Die Finanzlage des Bundes hat sich enorm gebessert, das weckt Begehrlichkeiten. Dabei sind die Parteien gar nicht für das viele Geld verantwortlich.
Es ist gerade einmal acht Jahre her, und doch klingt es wie eine Erzählung aus einer völlig anderen Zeit. Im Juni 2009, auf dem Höhepunkt der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise und einer tiefen Rezession in Deutschland, verabschiedete die damals regierende große Koalition unter Angela Merkel einen Haushaltsentwurf für 2010, der neue Schulden in Höhe von 86,1 Milliarden Euro vorsah. Damit schrieb Finanzminister Peer Steinbrück von der SPD Geschichte, übertraf er doch den bisherigen Schuldenrekord von CSU-Finanzminister Theo Waigel aus dem Jahr 1996 von rund 40 Milliarden Euro um mehr als das Doppelte.
Doch diese Zeiten sind vorbei. Schon im Jahr 2014 und damit deutlich früher als erwartet, hatte es Wolfgang Schäuble geschafft. Als erster Finanzminister seit Franz Josef Strauß von der CSU im Jahr 1969 brachte der Badener einen Haushalt ohne neue Schulden zustande. Während die Kassen des Bundes sprudeln, klagen viele Kommunen und Bundesländern über klamme Kassen.
Für die gute Haushaltslage gibt es viele Gründe. Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank EZB, die bessere Entwicklung bei den Steuereinnahmen, die boomende Wirtschaft und die sinkende Arbeitslosenquote. Ein Teil des Haushaltsüberschusses, den der Bund seit 2015 erzielt, floss in eine Rücklage, um die Kosten der Flüchtlingskrise bis 2018 zu bewältigen.
Das Versprechen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Wahlkampf, mit der Union werde es keine Steuererhöhungen geben, wurde in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Gleichwohl erreichten die Steuereinnahmen Jahr für Jahr neue Rekordstände und kletterten 2016 auf das neue Allzeit-Hoch von 648,31 Milliarden Euro. Trotz der soliden Haushaltslage nahm die Koalition keine größere Steuerreform in Angriff. Nur an zwei Stellen wurden die Bürger entlastet: Der steuerfreien Grundbetrag bei der Einkommensteuer wurde erhöht und stieg von 8130 Euro (2013) auf derzeit 8820 Euro. Durch eine Anpassung der Steuertarife an die Inflation kam es zu Änderungen bei den Abgaben.
Nach zähen Verhandlungen einigte sich die große Koalition zudem auf eine Reform der Erbschaftssteuer. Kurz vor Ende der Legislaturperiode führten Union und SPD auch noch das schwierigste Reformvorhaben zu einem Erfolg und einigten sich mit den Ländern auf eine Neuordnung der komplizierten Bund-Länder-Finanzen und die Neugestaltung des Länderfinanzausgleichs bis 2030. Da der Bund seine Leistungen an die Länder erhöht, werden die Zahlerländer deutlich entlastet, ohne dass sich die Nehmerländer verschlechtern.
Ausblick: Steuerentlastung oder Lastenumverteilung?
CDU und CSU halten am Ziel fest, dauerhaft ohne neue Schulden auszukommen. Finanzielle Spielräume sollen für die innere und äußere Sicherheit, für Investitionen in Bildung, Forschung und Infrastruktur, zur Förderung von Familien und Kindern sowie für Steuersenkungen genutzt werden. Steuerzahler sollen um etwa 15 Milliarden Euro bei der Einkommensteuer entlastet werden. Auch die SPD verspricht Steuerentlastung von 15 Milliarden Euro für die Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen, will aber im Gegenzug die Steuern für Besserverdienende um den gleichen Betrag erhöhen. Der "Soli" soll für alle, die weniger als 52.000/104.000 Euro verdienen, sofort abgeschafft werden, der Spitzensteuersatz von 42 Prozent erst ab 60.000/120.000 greifen. Höhere Sätze sind für Spitzenverdiener geplant.
Sehr viel weiter geht die Linke. Um die Kluft zwischen den Reichen und den sozial Schwachen abzubauen, fordert sie die Wiedereinführung der Vermögenssteuer - Vermögen ab einer Million Euro werden mit fünf Prozent besteuert.
Die Grünen fordern eher allgemein ein "gerechtes Steuersystem", in dem die ungleiche Besteuerung von Kapitalerträgen zu allen übrigen Einkünften beseitigt wird.
Die FDP plädiert für "ein grundlegendes Umdenken in der Steuerpolitik". Konkret sehen die Pläne der Liberalen Steuerentlastungen von 30 Milliarden vor. Die AfD spricht sich für eine "grundlegende Reform" des Steuersystems aus, darunter eine Senkung der Mehrwertsteuer um sieben Prozentpunkte. Die Besteuerung von Erbschaften wird abgelehnt.