Themen der Wahl: Die Außenpolitik
Krisen, Kriege, Konflikte: Die Außenpolitik rückt international wieder in den Mittelpunkt und könnte damit auch wahlentscheidend werden.
Er hatte enorm an Bedeutung verloren. Nicht mehr der Außenminister, traditionell die Nummer zwei nach dem Kanzler, sondern der Finanzminister war nach dem Ausbruch der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise vor zehn Jahren zum wichtigsten Kabinettsmitglied aufgerückt, der bei der Euro-Rettung und der Stabilisierung der internationalen Finanzmärkte eine dominierende Rolle spielte. Doch in der abgelaufenen Legislaturperiode kam es zum erneuten Rollentausch. Mit aller Wucht kehrte die traditionelle Außenpolitik wieder ins Zentrum des Regierungshandelns und nahm eine dominierende Rolle ein.
Alte Gewissheiten verloren auf einmal ihre Bedeutung. Selbst die sonst so amerikafreundliche Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte nach dem Wahlsieg von US-Präsident Donald Trump nach dessen ersten Monaten im Amt resigniert fest: "Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück weit vorbei."

Bilanz: Die Krise wird zur Normalität
Für Frank-Walter Steinmeier war es nach seinem Intermezzo als SPD-Fraktionschef und Oppositionsführer scheinbar eine Rückkehr in eine vertraute Welt, als er nach der Bundestagswahl 2013 ins Auswärtige Amt zurückkehrte. Und doch war nichts mehr wie es war: "Die Welt ist aus den Fugen geraten", lautete sein deprimierender Befund.
Die Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands, ohnehin durch die G7-Präsidentschaft 2015, den OSZE-Vorsitz 2016 und den Vorsitz über die G 20 in diesem Jahr stark gefordert, befand sich im permanenten Krisenmodus: Krisen im Nahen und Mittleren Osten (Syrien, Iran, Irak) in Nordkorea, dazu der Brexit, Spaltungstendenzen in der EU, der Wahlsieg des unberechenbaren Donald Trump in den USA und die diplomatische Krise mit der Türkei, die im Sommer im Abzug der deutschen Soldaten aus Incirlik gipfelte.
Die deutsche Außenpolitik hatte einen schweren Stand. Zusammen mit Frankreich vermittelte Deutschland eine brüchige Waffenruhe in der Ukraine. Gleichzeitig war Berlin an den Verhandlungen zum Atomabkommen mit dem Iran beteiligt.
Stabilität in der Welt war ein zentrales Ziel. Doch die Entscheidungen, die dazu führen sollten, blieben nicht unumstritten: So stattete Deutschland die Peschmerga im Nordirak mit Waffen für den Kampf gegen die Terrormiliz IS aus. 1000 Soldaten wurden in Mali stationiert - zwei starben bei einem Helikopterabsturz. Nach der Flüchtlingskrise bekam die Bekämpfung der Fluchtursachen in Afrika Priorität. Und dann stiegen die USA auch noch aus dem Klimaschutzabkommen aus. Die Aufgaben werden nicht weniger.
Ausblick: Die meisten Parteien wollen Europa stärken
In der Außen- und Sicherheitspolitik wie in der Europapolitik stehen sich die Parteien traditionell nahe. CDU und CSU bekennen sich in ihrem Wahlprogramm für ein "starkes, selbstbewusstes und dynamisches Europa". Um den Flüchtlingsstrom zu unterbinden, soll nach es nach dem Vorbild des EU-Türkei-Abkommens auch Verträge mit anderen Ländern "in der Region und im nördlichen Afrika" geben. Der Verteidigungsetat soll erhöht werden, wobei sich die Union als einzige Partei ausdrücklich hinter das Ziel der Nato stellt, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aufzuwenden. Die SPD setzt ihren Schwerpunkt auf "Entspannungspolitik, Friedensdiplomatie und zivile Krisenprävention und Krisenmanagement".
Einen völlig anderen Ton schlägt die Linkspartei an. Als einzige im Bundestag vertretene Partei lehnt sie Auslandseinsätze der Bundeswehr grundsätzlich ab, ebenso die Vermischung von militärischen und zivilen Maßnahmen bei der Friedenssicherung. Die Grünen plädieren dafür, "dass Deutschland mehr globale Verantwortung für den Frieden und Gerechtigkeit in der Welt nimmt". Die Erhöhung des Wehretats auf zwei Prozent des BIP lehnen sie kategorisch ab. Zudem setzt sich die Partei für eine stärkere Europäisierung der Außenpolitik ein.
Deutschland müsse entsprechend seiner Wirtschaftskraft mehr Verantwortung übernehmen, fordert die FDP. Langfristig sollen daher drei Prozent des BIP in eine enger als bisher vernetzte Außen-, Verteidigungs- und Entwicklungspolitik fließen. Deutsche Interessen zuerst, fordert die AfD und plädiert für ein besseres Verhältnis zu Russland.