Jürgen Koegel: Das braune Mäntelchen ärgert ihn
Unternehmer Jürgen Koegel aus Eppingen-Adelshofen kandidiert für die AfD. Seine Schwerpunkte: Wirtschafts- und Familienpolitik.

An Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen mangelt es Jürgen Koegel nicht. Wortgewandt und redebegeistert sprudeln die Sätze nur so aus dem Unternehmens- und Organisationsberater heraus. Mitunter kommt der 58-Jährige mit dem badischen Dialekt ins Dozieren. Am 24. September will Jürgen Koegel für die Alternative für Deutschland (AfD) in den Deutschen Bundestag einziehen. 25 Prozent der Stimmen peilt er im Wahlkreis Heilbronn an. Seine politischen Schwerpunkte: Wirtschaftspolitik, Familienpolitik, Außenpolitik.
Mit vier Geschwistern − zwei Brüder, zwei Schwerstern − wächst Jürgen Koegel im elterlichen Landwirtschaftsbetrieb in Eppingen-Adelshofen auf. Ackerbau und Viehzucht stehen auf der Tagesordnung: "Alle zwei Wochen hatte ich Stalldienst", erinnert sich der Mann mit dem modischen Dreitagebart und stellt fest: "Diese Arbeit hat mir wahrlich nicht geschadet."
Interesse an Finanzthemen

Im Hartmanni-Gymnasium in Eppingen reift sein Berufswunsch: "Aus dem Klassenzimmer hatte ich freien Blick auf die Bezirkssparkasse." Jürgen Koegel wird Banker. Er leitet später die Sparkassen in Elsenz und Tiefenbach. In dieser Zeit schreibt sich Koegel noch mit "ö". Dass daraus 1977 "oe" wird, ist eine einfallsreiche Reaktion, Persönliches vor all zu neugierigen Blicken zu schützen: "In der Bezirkssparkasse Eppingen gab es damals drei Kögel − und immer wieder kam es vor, dass mein Gehaltskuvert geöffnet war. Mit oe war dann Schluss damit."
Er wechselt zur Landesbausparkasse. Doch der noch immer begeisterte Motorradfahrer will mehr. Er macht ein Masterstudium mit den Schwerpunkten Finanz- und Betriebswirtschaft, Steuern und Marketing. Bei der Raiffeisenbank Kirchardt wird er Leiter der Abteilung Markt und Marketing. Anschließend steigt Jürgen Koegel bei einer Unternehmensberatung in Stuttgart ein und erkennt schnell: "Das, was die machen, das kann ich auch." Der Diplom-Bankbetriebswirt macht sich 1999 selbstständig und gründet das Institut für kybernetische Unternehmenssteuerung, die IkU AG. Noch heute ist er deren Vorstandsvorsitzender und bringt sein Wissen als Dozent bei Genossenschaftbanken und an der Bankakademie Karlsruhe unter die Leute.
Religiöser Hintergrund und seit 2013 bei der AfD
Mit der Evangelischen Kirche bricht Koegel früh. Die Entwicklung hin zur Staatskirche missfällt ihm. Er schließt sich einer freien Gemeinde an und wird 25 Jahre lang ehrenamtlicher Prediger. Noch heute liest er täglich eine halbe Stunde in der Bibel.

1984 geht Jürgen Koegel in die Politik. Die Freien Wähler sind seine politische Heimat. Er wird Ortschaftsrat von Adelshofen, 1987 Ortsvorsteher. 1985 wird er in den Gemeinderat von Eppingen gewählt. 1992 gibt er aus beruflichen Gründen alle politischen Ämter ab. Als 2013 die Alternative für Deutschland (AfD) gegründet wird, kehrt er in die Politik zurück. Partei-Mitbegründer Bernd Lucke hat es ihm angetan: "Er ist ein guter Politiker und super Wissenschaftler." Obwohl er lange auch der CDU nahestand, sagt Koegel heute: "Ich fühle mich bei der AfD wohl, aber ich bin kein Parteisoldat" Um dann kurz anzumerken: "Es gibt überall Vögel in einer Partei." 2004 zieht er für die rechts-populistische Partei in den Kreistag ein und wird Sprecher der dreiköpfigen Fraktion.
Dass ihm wegen seiner AfD-Mitgliedschaft mitunter ein braunes Mäntelchen übergestreift wird, ärgert Jürgen Koegel: "Das beleidigt meine Familie." Seine Frau Reinhilde, die kein AfD-Parteibuch besitzt, steht hinter den Ansichten ihres Mannes. "Sonst hätte ich es nicht gemacht", versichert der Gemeinschaftsmensch, der sich mit Joggen fit hält: Ein Mal pro Woche geht es für eine Stunde stramm durch den Adelshofener Wald.
Wird das Thema "Vorurteile gegen Ausländer" angesprochen, differenziert Jürgen Koegel sofort: "Gegen Ausländer, die sich in unsere Gesellschaft integrieren, das Grundgesetz und unsere Gesetzgebung einhalten, habe ich nichts. Personen, die ihre Gesetze jedoch über unser Grundgesetz stellen und in Parallelgesellschaften leben, sollten sich in ihrer Heimat integrieren, sie fördern und zukunftsfähig machen."
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Stimme.de
Kommentare
am 19.09.2017 23:58 Uhr
Richard von Weizsäcker - aktueller als jemals zuvor
Die Bundesrepublik wählt am Sonntag ihre Vertreter in den 19. Bundestag. Wir hatten zu Gründung der Republik 410 Abgeordnete, heute sind es 630. Noch nie war die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl so niedrig wie in den letzen zwei Wahlperioden. Bei Kommunalwahlen geht oftmals nur jeder 3. Wahlberechtigte zur Wahlurne. Resümee - je größer die Anzahl der Politiker um so heftiger die Wahlmüdigkeit der Bürger! Die Politik hat sich dem Bürger entfremdet. Klein- und Mittelständische Unternehmen werden steuerpolitisch mit den Großunternehmen über einen Kamm geschert. Großkonzerne erhalten Steuererleichterungen und Kleinbetrieber bekommen immer noch mehr Auflagen und Kontrollorgane zugewiesen. Richard von Weizsäcker war ein Mann des Wortes, anbei drei Zitate die man nicht kommentieren muss:
"Nach meiner Überzeugung ist unser Parteienstaat von beiden zugleich geprägt, nämlich machtversessen auf den Wahlsieg und machtvergessen bei der Wahrnehmung der inhaltlichen und konzeptionellen politischen Führungsaufgabe." Richard von Weizsäcker (Gespräch mit der "Zeit", 19. Juni 1992)
PATRIOTISMUS "Der Nationalist ist einer, der die anderen hasst. Der Patriot ist einer, der das eigene Land liebt und den Patriotismus der Nachbarn versteht und achtet." Richard von Weizsäcker (ZDF-Interview, 21.12.1986)
"Politiker werden immer mehr von Jugend an zu parteiabhängigen Berufspolitikern. Selbstständigkeit und Qualität nehmen ab." (Von Weizsäcker im Gespräch mit Gunter Hofmann und Werner A. Perger, Eichborn Verlag 1992)
zitiert von Jürgen Mosthaf Koch in Abstatt
Also der Wahlomat hat mir, als die meine Meinung vertrentende Partei die CDU/CSU empfohlen??? Ganz knapp dahinter lag die AfD! Alle anderen Parteien lagen weit abgeschlagen!!! Dieser Wahlsonntag könnte die Parteienlandschaft in Deutschland etwas durcheinanderwirbeln.