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Ventile schaffen und Stärken hervorheben

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AIM-Vortrag „Wie geht man mit aggressivem Verhalten von Kindern und Jugendlichen um?“

Von Katja Feiler
Aggression entlädt sich in Worten oder mit den Fäusten. Oft bräuchten Kinder einfach die Chance, ihre Energie in etwas Positives umzuwandeln, appellierte Marion Rosentreter in seinem Vortrag.
          Foto: dpa
Aggression entlädt sich in Worten oder mit den Fäusten. Oft bräuchten Kinder einfach die Chance, ihre Energie in etwas Positives umzuwandeln, appellierte Marion Rosentreter in seinem Vortrag. Foto: dpa

Aber dass ihr ja nicht streitet“. Wer das sagt, kann vorhersagen, was in den kommenden Minuten im Kinderzimmer zwischen den Geschwistern passiert: Sie streiten. Mario Rosentreter, Psychologe und Familientherapeut aus Pforzheim, erntet mit diesem Satz beim AIM-Bildungskongress in der Albrecht-Dürer-Schule Heilbronn viel zustimmendes Nicken. Deswegen sind sie da: Die rund 150 Zuhörer - Eltern, Lehrer und Großeltern - wollen im Vortrag hören „Wie geht man mit aggressivem Verhalten von Kindern und Jugendlichen um?“. Beim Kind ist nur das Wort „streiten“ angekommen. Das „nicht“ überhören sie. Schon hat der Erwachsene sie unwillentlich auf eine Idee gebracht.

Positive Energie Warum aber sind Kinder aggressiv? Der Experte nimmt das Publikum mit auf einen Kurztrip durch die Welt der Theorie. Streit und Zerstörung gehören zum Menschsein, das sagt die Triebtheorie. Was also tun? Der Experte hat den Tipp: „Sie müssen Ventile schaffen, um aggressives Verhalten in positive Energie umzuwandeln.“ Ob das Sport, die Kissenschlacht oder das Kneten ist.

Die Frustrations-Aggressions-Theorie sagt: Wer gefrustet ist, wird zum Ausgleich aggressiv. Dann heißt die Devise des Lehrers oder Elternteils: Herausfinden, welche Bedürfnisse enttäuscht wurden. Auch hier bleibt die Theorie nicht nur blank und leblos, denn das richtige Verhalten muss gelernt werden: „Sind Sie Ihrem Kind ein Vorbild im Umgang mit Frust?“ Ist der schimpfende Autofahrer vorbildlich, der sich mit Beleidigungen über die anderen im Straßenverkehr aufregt. Ist es der Vater, der den Sohn im Mensch-Ärgere-Dich-Nicht-Spiel immer gewinnen lässt und lächelnd verliert. Auch das ist nicht natürlich. Die Gesichter der Zuhörer zeigen: Der Referent hat einen wunden Punkt getroffen.

Falsches Wort Immer wieder an diesem Abend zeigt Mario Rosentreter auf, wo der Alltag unbewusst Aggression heraufbeschwört. So zum Beispiel nach der Lerntheorie: „Wie war das vorher bei Ihnen beim Abendessen? Hätten Sie da nicht durch ein bestimmtes Wort, Streit heraufbeschwören können?“ Viele hätten, geben sie per Kopfnicken zu. Bei manchem Kind ist es das Wort „Hausaufgaben“. „Und schon haben Sie die Diskussion.“ Sein Tipp: „Zerstören Sie das Muster. Sagen Sie nicht, jetzt mach deine Hausaufgaben, sondern fragen sie, willst du mit Deutsch oder Mathe anfangen?“ Denn die Aggression folgt einem Lernprozess. Das Kind hat gelernt, dass es dadurch Zuwendung bekommt, Aufmerksamkeit erregt, der Boss ist. Der Nachwuchs muss umlernen: Anerkennung durch positives Verhalten erfahren.

Soweit die Theorie. Die Fragen zur Praxis stellen zum Beispiel die Lehrerinnen: „Wie stellen Sie sich das vor? Woher soll ich bei 28 Kindern wissen, wodurch jeder Einzelne gerade gefrustet ist?“ Mario Rosentreter hat eine Lösung parat: „Führen Sie ein Ritual ein. Ein Schrei zum Schluss der Stunde zum Beispiel. Etwas, mit dem Sie die meisten erreichen und das erlösend wirkt.“

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