„Unsere Imame predigen keine Politik“
Wirtschaftsjunioren werfen einen Blick hinter die Kulissen der Heilbronner Ditib-Moschee

heilbronn Beim ersten Mal waren es noch knapp 30 Wirtschaftsjunioren. Jetzt - eineinhalb Jahre später - warf bei der zweiten Stippvisite schon über die dreifache Zahl an jungen Unternehmern und Führungskräften Blicke hinter die Kulissen der Heilbronner Ditib-Moschee. „Wir wollen damit ein Zeichen setzen, dass wir zu den Muslimen bei uns stehen“, erklärte Thomas Schulin vom Arbeitskreis Mittelstand der Junioren Sinn und Zweck der Veranstaltung, die unter dem Motto „Integration live“ stand.
Genau so wollte auch der stellvertretende Ditib-Vorsitzende Erdinc Altuntas die Einladung verstehen. Er weiß aus seiner eigenen Erfahrung als Entwicklungsingenieur bei Audi: „Das Kennenlernen ist wichtig. Am Anfang brachten mir meine Ingenieurs-Kollegen noch Misstrauen entgegen. Jetzt, da sie mich kennen, sagen sie, dass ihr Verhältnis zu Muslimen sich insgesamt gewandelt hat.“
In diesem Sinne vermittelte auch der Referent des Abends, Bekir Alboga, ein Bild des Islam, das manchen Jungunternehmer verwunderte. Der Beauftragte für den interreligiösen Dialog der Türkisch-Islamischen-Union (auf Türkisch Ditib abgekürzt) betonte, wie sehr sich die Muslime gefreut hätten, als zum ersten Mal mit Wolfgang Schäuble ein Innenminister „Gott sei dank gesagt hat, dass wir ein Teil und auch die Zukunft dieses Landes sind“. Alboga plädierte dafür, dass in den Ditib-Moscheen bald in zwei Sprachen gepredigt werden soll - auf Deutsch und Türkisch. Der Theologe sprach sich entschieden für die Trennung von Staat und Kirche aus: „Unsere Imame predigen keine Politik.“ Er sagte außerdem, „wir brauchen mehr mutige Frauen, die wie zu Zeiten Mohammeds in der Moschee beten wollen.“ Damit überraschte er beispielsweise Werner Warsitz. Der Heilbronner Geschäftsmann dachte bisher, „dass Frauen im Islam eher unterdrückt werden“. Doch das sehe er nun ein wenig anders.
Elisabeth Kalisch von der katholischen Kirchengemeinde St. Augustinus überzeugte das Referat ebenso. „Er hat es ehrlich gemeint.“ Wenn alle Muslime so wären, „dann wären auch alle integriert.“ Allerdings seien Themen wie Ehrenmorde oder Zwangsverheiratung ausgespart worden. Sie habe schon an interreligiösen Diskussionen in Heilbronn teilgenommen, in denen die Meinungen kontroverser aufeinander geprallt seien.
Ditib repräsentiert etwa 40 Prozent der rund drei Millionen Muslime in Deutschland, die aus der Türkei stammen.
Stimme.de