Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Wasserleiche: Die Todesursache bleibt im Dunkeln

   | 
Lesezeit  1 Min
Erfolgreich kopiert!

Mord oder Körperverletzung mit Todesfolge? Im Landgerichtsprozess bringt eine Kieselalgen-Analyse in der Lunge des Opfers ein haarscharfes Ergebnis

Von Carsten Friese

Mit Fußtritt und Schlägen hatten drei der vier Angeklagten ihr Opfer in einem Waldstück massiv zugerichtet, bis es erst röchelnd, dann "total leblos" am Boden liegen blieb. Was nach Angaben der Angeklagten eine nachhaltige "Abreibung" sein sollte - das Opfer soll auf seine Ex-Frau mehrfach und einmal auch auf deren Mutter eingeprügelt haben - endete mit einer bizarren Tat. Auf dem Bauch des 39-jährigen Opfers zurrten die Verwandten einen 46 Kilogramm schweren Stein fest und versenkten den Misshandelten in Neckargemünd im Fluss.

War das Opfer da schon tot? Wussten die Angeklagten das? Hatten sie es überprüft? Zwischen Körperverletzung mit Todesfolge und Mord liegt laut Strafgesetzbuch eine riesige Spanne. Ein renommierter Straßburger Sachverständiger hat Neckarwasserproben und Gewebeproben des Opfers aus Lunge, Leber und Nieren auf Kieselalgen untersucht. 14 Tage trieb die Leiche im Neckar, ehe Fäulnisprozesse den Körper - trotz des massiven Steins - an die Wasseroberfläche drückten. 20 Kieselalgen pro 100 Mikroliter Sediment im Lungengewebe gelten

"Es ist nicht sicher zu beweisen, dass der Mann noch gelebt hat, als er ins Wasser kam", zog der Sachverständige Bilanz. Auszuschließen sei es aber nicht. Im zweiten Punkt legte er sich klarer fest: Für Laien gebe es bei einem Bewusstlosen "schlechte Chancen", festzustellen ob er tot ist oder nicht. Atem oder Puls böten keine Sicherheit. "Da haben sich Notärzte schon geirrt."

Die genaue Todesursache bleibt im Dunkeln. Eine Rissquetschwunde am Kopf und zehn Rippenbrüche ergab die Obduktion. "Nicht zwingend tödlich", fasste der Experte zusammen. Nach 14 Tagen im Wasser haben Fäulnis- und Spülprozesse Spuren an der Leiche verwischt. Ein Ersticken an Land durch Eindringen von Blut in Nase und Rachenraum hielt der Sachverständige für möglich, ebenso ein Ersticken durch Zurückfallen der Zunge.

Von Mord gingen die Ermittler aus, Körperverletzung mit Todesfolge lautet der Titel der Anklage. Freiheitsstrafen bis maximal vier Jahre forderte der Staatsanwalt, die Verteidigung blieb in ihren Plädoyers geringfügig darunter. Das Urteil wird die Schwurgerichtskammer voraussichtlich am 1. März fällen.

Nach oben  Nach oben