Krematorium Heilbronn 100 Jahre alt
Am 26. Juni 1905 fand erste Feuerbestattung auf dem Hauptfriedhof statt - Bis heute 49 690 Einäscherungen

Bereits 1895 hatte der Gemeinderat der Stadt Heilbronn ein Gesuch des Vereins für Feuerbestattung an das Königlichen Ministerium des Innern unterstützt, die "fakultative Feuerbestattung in Württemberg zuzulassen". Dieses Gesuch wurde jedoch abschlägig mit der Begründung beschieden, "dass das Bedürfnis für Feuerbestattungen noch nicht in die weiten Kreise des Volkes gedrungen sei".Auf Grund einer weiteren Eingabe des Stadtvorstands vom 20. Mai 1904 kam vom betreffenden Ministerium der Erlass, dass sich die Heilbronner Kollegien darüber äußern sollen, "ob die hiesige Stadtgemeinde bereit wäre, den Betrieb einer Feuerbestattungsanlage als eine städtische Einrichtung zu übernehmen".Der Gemeinderat hatte nun zu beraten, auf welche Art und Weise die Anlage errichtet und betrieben werden sollte. Dabei ging es auch um eventuell für die Stadt entstehende Kosten. Da jedoch ein großer Teil der Bevölkerung, teils aus religiösen, teils aus Gewissensgründen, die Erdbestattung vorzog, wollte man für den Bau keine öffentlichen Mittel in Anspruch nehmen. Vielmehr sollte der Verein für Feuerbestattung, der damals bereits über 600 Mitglieder zählte, auf dem von der Stadt zur Verfügung gestellten Platz auf eigene Kosten das Krematorium errichten. Es sollte dann der Stadt vollständig betriebsfertig übergeben werden.Der Betrieb selbst musste von der Stadt, "als Obliegenheit der polizeilichen Gemeinde wahrgenommen" werden, so wie es auch die Staatsregierung vorausgesetzt hatte. Die jeweils anfallenden Gebühren je Einäscherung dienten zur Deckung der Kosten des Betriebs als auch der Unterhaltung des Baus. Dem Verein für Feuerbestattung wurde außerdem von der Stadt "anbesonnen, das Gebäude sofort nach der Erstellung der Stadt in das Eigentum zu übergeben". Darüber wollte der Verein aber erst dann reden, wenn die Bausumme abbezahlt sei.Bei jährlich etwa 900 Sterbefällen in Heilbronn wurde von zunächst 100 Feuerbestattungen pro Jahr ausgegangen. Diese Zahl, so wurde argumentiert, sei nicht zu hoch gegriffen, "da für die Verbrennung nicht nur die Bewohner der hiesigen Stadt, sondern eines großen Teils Württembergs in Betracht komme". Schließlich bestand bislang in Württemberg noch keine derartige Anlage; selbst in Stuttgart und Ulm waren sie noch in Planung. Rund 42 000 Mark waren schließlich als Bausumme angenommen worden.Nachdem am 28. November 1904 vom Innenministerium der Erlass kam, "die Feuerbestattung von Leichnamen in hiesiger Stadt zuzulassen", wurde nach Beschluss des Vereins für Feuerbestattung auch gleich mit dem Bau des Krematoriums begonnen. Den Plan fertigte der Architekt und Lehrer an der Gewerbeschule Darmstadt, der spätere Heilbronner Oberbürgermeister Emil Beutinger. Der nötige Einäscherungsofen war nach neuesten Erkenntnissen von der Firma Beck in Offenbach hergestellt und eingebaut worden. Am 26. und 27. Juni 1905 fanden die ersten Einäscherungen der Vereinsmitglieder Gustav Heim und Wilhelm Rall statt. Es waren die ersten Feuerbestattungen in Württemberg."Das Heilbronner Krematorium", so steht es in einem vom Verein im Jahre 1909 herausgegebenen Führer, "besteht aus zwei unter der Erd- oberfläche liegenden Geschossen und einem 1,80 Meter über der Erdoberfläche befindlichen Obergeschoss. Der Bau, im Stil einer frei behandelten Renaissance, ist ein massiver Sandsteinlängsbau aus den weithin bekannten schönen Heilbronner Sandsteinen erstellt. Der Langbau wird von zwei mit mächtigen Opferpfannen gekrönten Türmen flankiert. Eine monumentale Treppe mit weißen Kalksteintritten führt zu dem von zwei Sandsteinsäulen getragenen Portikus empor, über dem eine Tafel mit der Inschrift Hinauf zum Licht angebracht ist."Weitestgehend bietet sich auch heute noch dem Besucher des Hauptfriedhofs von außen dieses Bild des Krematoriums, denn im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude nur wenig beschädigt. In der Friedensgemeinde war man deshalb froh und dankbar, den rund 100 Quadratmeter großen Hallenraum von 1945 bis 1948 zum Gottesdienst und für alle sakralen Handlungen, selbst auch bei Taufen, Konfirmationen oder Eheschließungen, nutzen zu können.


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