„Der reichste Mann nach dem Kaiser“
Nur wenig erinnert in Polen an die Fürsten-Herrschaft Slawentzitz des Hauses Hohenlohe-Oehringen

Von Matthias Stolla
Hohenlohe in Polen? Für Kraft Fürst zu Hohenlohe-Oehringen keine Überraschung: „Ich bin dort geboren“, sagt er. Im schlesischen Breslau, das seit 1945 zu Polen gehört. In Oberschlesien wiederum residierten bis 1945 die Fürsten zu Hohenlohe-Oehringen. Und das seit Anfang des 19. Jahrhunderts.
Sie gehörten zu den Mitbegründern des oberschlesischen Bergbaus und waren dabei so erfolgreich, dass sie, laut Kraft Fürst zu Hohenlohe-Oehringen, „einer der größten Zinkerzeuger der Welt“ waren. Mit durchschlagenden finanziellen Folgen: die Zink-Magnaten aus Hohenlohe zählten zu den reichsten Menschen im Kaiserreich. Der Großonkel des heutigen Fürsten, Christian Kraft (1848-1926), ließ mit einem Teil der stattlichen Einnahmen das arg verfallene Schloss der Familie in Neuenstein sanieren.
Slawentzitz hieß die Hohenloher Herrschaft im Osten. Das Haus Hohenlohe erhielt sie durch Heirat. Amalie Louise Marianne von Hoym brachte sie mit in die Ehe, als sie sich am 8. April 1782 mit Fürst Krafts Urururgroßvater, Friedrich Ludwig, vermählte. Der Erbe des kinderlosen Fürsten zu Hohenlohe-Oehringen war ursprünglich Fürst zu Hohenlohe-Ingelfingen. Die Ingelfinger Mariannenvorstadt verdankt ihren Namen seiner Gattin.
Friedrich Ludwig war im Krieg gegen Napoleon General der preußischen Armee. Allerdings kein glücklicher. Nach einer Niederlage bei Jena kapitulierte er, fiel beim Preußen-König in Ungnade und musste sich auf seine Herrschaft Slawentzitz zurückziehen. 1818 starb er.
Seine Nachfolger setzten den Ausbau vor allem des Bergbaus in ihrer Herrschaft fort. In der Folge entstanden dort Einrichtungen mit Namen, die an die Heimat der Fürsten erinnerten: die Oehringer-Grube, das Fürst zu Hohenlohesche August-Krankenhaus, die Fürstlich Hohenlohesche Bierbrauerei, das Hotel Stadt Oehringen und ein Eisenwerk, aus dem später ein Zinkwerk wurde: die Hohenlohehütte. An sie schloss sich ein Ort gleichen Namens an. Der ist auf einem alten Wertpapier im Besitz des heutigen Fürsten zu finden: „Aktie der Hohenlohe-Werke in Hohenlohehütte Oberschlesien über Eintausend Reichsmark“ steht darauf zu lesen.
Sie stammt aus dem Jahr 1905, der Zeit von Christian Kraft zu Hohenlohe-Oehringen. Unter ihm sind die Hohenloher zu wahren Zink-Magnaten aufgestiegen. „Es hieß, er war der reichste Mensch nach dem Kaiser im Reich“, sagt Dr. Peter Schiffer, Leiter des Hohenlohe Zentralarchivs in Neuenstein.
Kaiser Wilhelm kam auch gerne nach Slawentzitz. Dreimal war er dort, um als Gast des Fürsten in den Wäldern zu jagen. Selbst der russische Zar soll in der Fürstenresidenz zu Besuch gewesen sein.
„Die Herrlichkeit währte bis 1945“, sagt Schiffer. Vor der anrückenden Roten Armee floh die fürstliche Familie nach Oppurg in Thüringen, wo Fürst Johann zu Hohenlohe-Oehringen, der Großvater des heutigen Fürsten, am 24. April starb, und weiter nach Öhringen. Bereits Jahre zuvor hatten die Hohenlohe einen Großteil ihres Industriereviers verloren, weil nach dem Ersten Weltkrieg Ost-Oberschlesien an Polen gefallen war.
Im Jahr 2004 hat Kraft Fürst zu Hohenlohe-Öhringen Slawentzitz, das Land seiner Vorfahren, besucht. Viel erinnert nicht mehr an die Zeit der Hohenlohe in Oberschlesien. Hohenlohehütte heißt heute Welnowiec und ist ein Stadtteil von Kattowitz. Vom einstigen Schloss zeugt nur eine Ruine, und die prachtvolle Grabstätte von Friedrich Ludwig wurde bei Kriegsende zerstört.
Lesenswertes findet sich in einem Aufsatz („Hohenlohe in Oberschlesien“) von Gerhard Taddey in der Schriftenreihe des Landes „Die Deutschen und ihre Nachbarn im Osten - Geschichte und Gegenwart“ und im Buch „Die Herrschaft Slawentzitz/Ehrenforst in Oberschlesien“ im Jan Thorbecke Verlag.
