Traumjob Oberonkel
Heilbronn - Dieter Steiner kann sich noch gut an seine ersten Begegnung mit dem Stab, dem ehrenamtlichen Führungsteam der Onkel und Tanten, erinnern: "Sie haben mir deutlich gemacht, dass sie mich eigentlich nicht wollen." Der damals 32-Jährige war nur einmal als Gaffenberg-Kind, aber nie als Onkel dabei. Es fehlte ihm einfach der Stallgeruch.
Heilbronn - Dieter Steiner kann sich noch gut an seine ersten Begegnung mit dem Stab, dem ehrenamtlichen Führungsteam der Onkel und Tanten, erinnern: "Sie haben mir deutlich gemacht, dass sie mich eigentlich nicht wollen." Der damals 32-Jährige war nur einmal als Gaffenberg-Kind, aber nie als Onkel dabei. Es fehlte ihm einfach der Stallgeruch.
Im Falle von Dieter Steiner hat sich das Misstrauen nach kurzer Zeit gelegt, "und es hat sich schnell gezeigt, es passt". Und zwar so gut, dass Steiner bei den Dienstjahren bislang als einziger mit Gaffenberg-Gründer Theodor Zimmermann gleichzog und acht Sommer lang Oberonkel und damit Heilbronner Jugendpfarrer blieb: "Ich war es mit Herz und Seele und fand, der Landesbischof und ich haben die schönsten Stellen in der Kirche." Von Betreuern wurde Steiner scherzhaft "Deo" genannt, nach dem lateinischen Wort für Gott, übersetzt mit: der ewige Oberonkel.
Alte Hasen
"Ich hätte damals auch scheitern können", erinnert sich der heute 47-jährige Neckarsulmer Gemeindepfarrer. Auch wenn der Jugendpfarrer Waldheimchef ist, muss er sich mit Obertante und Obersheriff und den Zuständigen für Büro und Wirtschaft arrangieren − in der Regel alte Gaffenberghasen. "Wenn da die Chemie nicht stimmt, muss man gehen."
Ein paar wenige sind nur ein, zwei Jahre geblieben. Für die meisten aber waren die Jahre auf dem Berg ein Traumjob − auf den sich die Theologen in der Regel nicht bewerben, sondern zu dem sie vom Oberkirchenrat berufen werden.
Für Otto Friedrich, Oberonkel von 1984 bis 1988, war der Gaffenberg die Wunschstelle schlechthin. Im Nachhinein hat sich die Zeit auch karrierefördernd ausgewirkt. Der 59-Jährige ist seit 2007 Dekan in Heilbronn. Seine wichtigste Erfahrung: Menschen, die man sonst nicht erreichen würde, an die Kirche zu binden. Viele ehemalige Onkel und Tanten seien heute in den Gemeinden aktiv.
Andreas Mertens war noch Pfarrer zur Anstellung als ihn 1991 mit Anfang 30 der Ruf nach Heilbronn ereilte. "Ich habe nicht lange überlegen müssen", entsinnt sich der 52-Jährige. Über die klassische Schiene Theologiestudent war Mertens 1981 als Betreuer auf den Berg gekommen. Er hatte "einen großen Respekt vor der Herausforderung". Für ihn bleibt es "eine der wichtigsten Sonderpfarrstellen in der Landeskirche" − die hoffentlich nie Sparzwängen zum Opfer falle.
Kreativität
"Es ist das außergewöhnlichste Pfarramt, das ich bekleidet habe und vermutlich je bekleiden werde", bilanziert Holger Stähle, heute Gemeindepfarrer im Landkreis Schwäbisch Hall. Er empfindet es als Privileg, "mit vielen hochmotivierten jungen Erwachsenen an einer Stätte zu wirken, in der es so viel Kreativität gibt." Zu erleben, wie Kinder von ihrer von Medien geprägten Welt zuhause in die Welt des Gaffenbergs eintauchen können, "das hat mich beseelt". Seine drei Jahre als Oberonkel haben den 46-Jährigen geprägt, er ist daran gewachsen: "Auf dem Gaffenberg lernt man seine eigenen Stärken und Schwächen kennen."



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