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Stadtbegehung gegen Rechts

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Nur wenige Relikte und Adressen erinnern an die NS-Zeit und an ihre Opfer

Von Kilian Krauth
Hakenkreuz am Rathaus. In der als "jüdisch-liberalistisch-marxistisch" beschimpften Stadt kam die NSDAP bei der Wahl 1933 auf 31,6 Prozent. Foto: Archiv
Hakenkreuz am Rathaus. In der als "jüdisch-liberalistisch-marxistisch" beschimpften Stadt kam die NSDAP bei der Wahl 1933 auf 31,6 Prozent. Foto: Archiv

Heilbronn - "Erinnern heißt mahnen." Unter dieses Leitwort stellte die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) − Bund der Antifaschisten (BdA) eine Stadtbegehung gegen Rechts. Das Wort Führer haben Jeanette Wern (47) aus Lauffen, Bernhard Mainz (48) aus Untereisesheim und Rolf Stark (52) aus Offenau dabei vermieden. Der Rundgang war Teil der vielfältigen Aktionen gegen den geplanten Nazi-Aufmarsch am 1. Mai. NS-Bauten, wie von manchem der zwei Dutzend Teilnehmer angenommen, waren keine zu entdecken. Mit der Altstadt wurden sie beim Bombenangriff 1944 zerstört. So machten die VVN-Sprecher ihre Ausführungen an Relikten, restaurierten Häusern, Plätzen, Adressen und Menschen fest.

Unheil

Ausgangspunkt war die Ehrenhalle am Rathaus, in der mit Bildern, Texten und Modellen an 6500 Opfer des 4. Dezember erinnert wird. Wie mit der Machtergreifung der Nazis 1933 das Unheil seinen Lauf nahm, zeigte sich am Marktplatz: Wo einst Stadtrat Ernst Riegraf auf dem Weg zum Ratssaal in "Schutzhaft" genommen wurde. Bei den Reichstagswahlen vom 5. März 1933 erzielten die Braunhemden im als "jüdisch-liberalistisch-marxistisch" beschimpften Heilbronn nur 31,6 Prozent, im Reich 44 Prozent.

"Niemand kann sagen, er habe nichts gesehen, gehört, gewusst", meinte Jeanette Wern am Fleinertorbrunnen, wo einst das berüchtigte "Braune Haus" stand: mit Büro des Kreisleiters Drauz und mit Folterkeller. Wern: "Zeitzeugen berichteten von hörbaren Schreien." Das Schicksal von Widerstandskämpfern wurde mit dem späteren VVN-Gründervater Walter Vielhauer wach. Als Kommunist war er 1933 nach dem Reichstagsbrand inhaftiert worden: an der Wilhelmstraße 4, dem einstigen Gestapo-Quartier, heute Amtsgericht. Vielhauer überlebte die KZs Dachau, Mauthausen, Buchenwald. Eine unscheinbare Tafel an den Relikten der Klaraklostermauer erinnert an Gottlob Feidengruber, der unweit davon im Oberamtsgefängnis saß, 1934 nach Frankreich flüchtete und 1944 in Paris von Besatzern getötet wurde.

Synagoge

Zurück zur Allee, wo die neu gestaltete Gedenkstätte an die am 10. November 1938 in Brand gesteckte Synagoge und damit an die Reichspogromnacht erinnert. Ein "Gesetz über die Mietverhältnisse von Juden" zwang diese in spezielle Judenhäuser: Allerheiligenstraße 32, Badstraße 10 und 22, Bergstraße 2 und andere. Am Wollhausplatz begannen im November 1941 die Deportationen jüdischer Bürger: zum Stuttgarter Killesberg, nach Auschwitz, nach Theresienstadt.

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