Pershing-Unfall bringt tödliche Gewissheit
Heilbronn - Vor 25 Jahren sterben auf der Waldheide drei Soldaten. Mit dem Unfall wird erstmals von offizieller Seite eingeräumt, dass auf der Heilbronner Waldheide die gefürchteten Pershing-2-Raketen stationiert sind.
Heilbronn - Ein ganz gewöhnlicher Freitag, die Heilbronner freuen sich auf das Wochenende. Die eisige Kälte ist an diesem 11. Januar 1985 das alles beherrschende Thema. Ab 14 Uhr aber ist nichts mehr, wie es vorher war.

Abgeriegelt
Gerüchte überschlagen sich. Niemand weiß Genaues, denn das US-Militärgelände ist weiträumig hermetisch abgeriegelt. Erst am Abend gibt der für alle in Deutschland stationierten Pershing-Einheiten verantwortliche US-General Raymond Haddock vor der Presse bekannt, dass der Motor der ersten Stufe einer Pershing-2-Rakete bei einer routinemäßigen Ausbildungsübung plötzlich zu brennen begonnen habe. Haddock: "Einen Unfall dieser Art gab es bisher noch nicht."
Zwei US-Soldaten sind sofort tot, ein dritter stirbt noch an der Unfallstelle. Ein lebensgefährlich verletzter GI wird mit dem Hubschrauber in die Spezialabteilung für Verbrennungen ins Stuttgarter Marienhospital geflogen, acht weitere Schwerverletzte werden in die umliegenden Krankenhäuser eingeliefert. Mit dem Unfall wird erstmals von offizieller Seite eingeräumt, dass auf der Heilbronner Waldheide die gefürchteten Pershing-2-Raketen stationiert sind, die - mit Atomsprengköpfen bestückt - in gerade mal zehn Minuten ins Herz der sowjetischen Waffenarsenale einschlagen können und damit gleichzeitig das herausragende Angriffsziel der feindlichen Gegenseite darstellen.

Tausendfacher Protest
Nach wie vor jedoch gefiel sich die Heilbronner Verwaltungsspitze in der Rolle der Ahnungslosigkeit und verhinderte über Jahre hinweg auch nur eine Debatte über die veränderte Situation auf der Waldheide. Als dann doch ein halbes Jahr vor dem Unfall über die Waldheide diskutiert werden durfte, wurden die Atomraketen vom Gemeinderat mit der Mehrheit einer einzigen Stimme für "unerwünscht" erklärt. Keine zwei Wochen nach dem Unfall forderte der Gemeinderat plötzlich einstimmig "die unverzügliche Beseitigung des Raketenstandortes Heilbronn".

Veranstaltungen
Sonntag, 10. Januar, 14 Uhr, Gedenkstein Waldheide, Gedenkfeier der American Legion. Ebenfalls 14 Uhr, Friedensbüro bietet Rundgang über Waldheide an. Treffpunkt: früheres Tor 1, Straße nach Donnbronn. Montag, 11. Januar, 20 Uhr, Volkshochschule Heilbronn im Deutschhof: Journalist Gerd Kempf berichtet über die Atomraketen auf der Waldheide, Uno-Korrespondent Andreas Zumach über Friedenseinsätze der Bundeswehr.