Kiliansplatz in der Kritik
Heilbronn - Mit dem neuen Klosterhof-Einkaufskomplex hat die Mitte der Stadt einen ganz anderen Charakter bekommen. „Die Aufenthaltsqualität fehlt völlig“, gibt sogar Heilbronns Citymanager Jörg Plieschke zu. „Alles rennt nur noch durch.“ Der Kiliansplatz sei „zu einer Art Drehscheibe für die Verteilung der Passantenströme“ degradiert worden. Und: „Schade, dass im Klosterhof keine Gastronomie zu realisieren war.“
Heilbronn - Wenn Italo-Schwabe Daniel Zorzit den Heilbronner Marktplatz betrachtet, fühlt sich der 20-Jährige an die Heimat seiner Familie erinnert. „Das hat was von einer italienischen Piazza“, sagt der Juniorchef des Eiscafé Presutti. Vor ihm stehen 240 Stühle. Pünktlich zum Frühlingsstart hat in der Straßengastronomie die Saison begonnen. Freiluftfreunde bevölkern Marktplatz und Sülmer City. Früher galt der Kiliansplatz als Mekka der Sonnenanbeter. Davon ist heute nichts mehr zu spüren. „Der Kiliansplatz ist fast tot“, meint Presutti-Spross Daniel, der dem ehemaligen, einst von Großvater Enzo (85) aufgebauten Eiscafé-Standort kaum noch eine Träne nachweint.
Kopfzerbrechen
Presutti musste 2006 Platz für die Überbauung des Klosterhof machen. Mit dem neuen Einkaufskomplex hat die Mitte der Stadt einen ganz anderen Charakter bekommen. „Die Aufenthaltsqualität fehlt völlig“, gibt sogar Citymanager Jörg Plieschke zu. „Alles rennt nur noch durch.“ Der Platz sei „zu einer Art Drehscheibe für die Verteilung der Passantenströme“ degradiert worden. Und: „Schade, dass im Klosterhof keine Gastronomie zu realisieren war.“ Kopfzerbrechen bereitet dem Citymanager, wie er an jährlich sechs Aktions-Wochenenden der Stadtinitiative Stände, Zelte und vor allem die Bühne platzieren soll. „Es fehlen ruhige Ecken und Rückwände.“
Härdtners Idee
Dies hat auch Rolf Härdtner erkannt. Der Bäcker und Kommunalpolitiker aus Neckarsulm will sein 20 Jahre altes Café Kilian an der Ecke zur Kaiserstraße noch 2009 umbauen. Gerne hätte er dabei seinen Selbstbedienungs-Außenbereich mit derzeit 60 Plätzen zum „richtigen Straßencafé“ erweitert. Damit es an der windigen Ecke nicht so zieht, müsste man allerdings auch einen Windschutz aufstellen. „Natürlich mit Qualität.“ Härdtner hat hierfür sogar Feng-Shui-Berater konsultiert. Doch weil ihn das Rathaus „ausbremste“, hat er die Idee vorerst auf Eis gelegt.
Gedanken des Dekans
„Wir können diese Engstelle nicht zupfropfen“, erklärt Stadtplaner Christoph Böhmer, „über eine offene Lösung können wir reden“. Härdtner müsse aber die für 2010 geplante Platzsanierung abwarten und die neue Situation am Kaufhaus beachten. Freilich bedauert auch Böhmer, dass der Kiliansplatz zur „Rennbahn“ geworden ist. Nach wie vor stehe er deshalb für die vom Gemeinderat verworfene, „der Situation aber angemessene, völlige Neugestaltung“.

Das zweite Anlieger-Café, die Kette Starbucks und deren Presseabteilung haben eine Stimme-Anfrage vom Dienstag nicht beantwortet.
Mehr Gedanken macht sich Dekan Otto Friedrich. Die evangelische Kirche feilt derzeit an einem Konzept für ihr City-Pfarramt, das 2010 im ehemaligen Kaffeehaus Noller die Pforten öffnet. „Wir wollen etwas, das Leben bringt.“ Er denke dabei aber eher an eine Art Klosterladen, „bestenfalls mit Bistroecke. Ein zweites Café Kilian machen wir nicht auf“, sagt Friedrich mit Blick zur Kilianskirche, mit der das „Kilianshaus korrespondieren“ soll. Ein kleiner Architektenwettbewerb zum Umbau läuft bereits.
Nollers Abschied
Familie Noller, die nach ihrem Café (2001) Ende 2009 auch die Konditorei schließt, bedauert, dass dem Kilianplatz „das südländische Flair verloren gegangen ist. Man sollte aber nicht alles schlecht reden. Uns hat der Klosterhof mehr Laufkundschaft gebracht“, betont Gerlinde Noller. Sie freut sich, dass das Grünflächenamt diesen Sommer wieder einen temporären Garten installiert. Zusätzliche Stühle hält sie indes für problematisch. „Wer sich da wohl hinsetzt?“


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