Heilbronn
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Gericht gibt Wirt der Waldschenke Recht

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Wenn der Volksmund davon spricht, dass einer versuche, einem anderen das Wasser abzugraben, dann ist das meist im übertragenen Sinn gemeint. Konkreter wird es, wenn man verfolgt, was sich zurzeit rund um die Wasserversorgung der Heilbronner Waldschenke ereignet.

Von Franziska Feinäugle

Wenn der Volksmund davon spricht, dass einer versuche, einem anderen das Wasser abzugraben, dann ist das meist im übertragenen Sinn gemeint. Wenn man verfolgt, was sich zurzeit rund um die Wasserversorgung der Heilbronner Waldschenke ereignet, kann man sich nur schwer eines spontanen Gedankens an die besagte Redensart erwehren.

Solange die Waldschenke, die sich selbst "Waldschänke" schreibt, nicht wieder kostenlos mit Wasser versorgt wird, darf der Wirt die Miete mindern. Foto: Archiv/Dirks
Solange die Waldschenke, die sich selbst "Waldschänke" schreibt, nicht wieder kostenlos mit Wasser versorgt wird, darf der Wirt die Miete mindern. Foto: Archiv/Dirks  Foto: Andreas Veigel

Zwar hat der Mann, der das Ausflugslokal beim Ehrenfriedhof von der Stadt gepachtet und an den Heilbronner Gastronomen Bertram Mielert vermietet hat, nicht gegraben, um dem mittlerweile florierenden Lokal das Wasser abzustellen. Die kostenlose Wasserversorgung, die im Mietvertrag inbegriffen ist, ist ganz von allein versiegt.
 

Verunreinigt

Der über 100 Jahre alte Brunnen, der die Waldschenke versorgt, ist im Sommer 2010 vom Gesundheitsamt geschlossen worden. Er war mit Bakterien verunreinigt (wir berichteten).

Was einen an die volkstümliche Redensart denken lässt, ist vielmehr dies: Der Vermieter sah sich nach Schließung des Brunnens nicht veranlasst, anderweitig für Wasser zu sorgen. Stattdessen zog er gegen Waldschenke-Wirt Bertram Mielert vor Gericht, weil dieser wegen des Wasser-Mangels nur noch die halbe Miete überwiesen hatte.

Was der Vermieter in seine Klage bei der Gelegenheit gleich mit einbaute, war die Forderung: Der Wirt solle die Gaststätte räumen.

Jetzt hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn Recht gesprochen. Das Urteil, das die Rechtsanwälte der beiden Beteiligten diese Woche in ihren Briefkästen finden werden, fällt zu Gunsten des Wirtes aus. Erstens: Der Vermieter hat keinen Anspruch auf Zahlung der rückständigen Miete. Der Wirt, so das Urteil, habe zu Recht die Miete gemindert, weil die Mietsache mangelhaft war (und ist).

Zweitens: Der Vermieter wird verurteilt, zu Gunsten des Wirtes die kostenlose Wasserversorgung wiederherzustellen. Solange das nicht der Fall ist, darf die monatliche Miete weiterhin um 642,60 Euro gemindert, also halbiert werden.

So weit die juristische Theorie. In der Praxis sieht die Sache zurzeit folgendermaßen aus: Mit Tankwagen wird das nötige Leitungswasser bei einem benachbarten Weinbaubetrieb geholt und zu dem beliebten Ausflugslokal transportiert − nicht auf Initiative des Vermieters freilich, sondern als Notlösung des Wirts.

Der Vermieter hat nun folgende Möglichkeiten: Entweder er lässt den im Mietvertrag erwähnten Brunnen sanieren − oder er hat anderweitig für adäquaten Ersatz zu sorgen, also für kostenloses Trinkwasser. Eine Möglichkeit, woher dieses Wasser an die entlegene Stelle im Stadtwald kommen könnte, war bereits in der mündlichen Verhandlung Ende Februar zur Sprache gekommen: Das Wassernetz der Kreisjägerschaft führt an der Waldschenke vorbei.

Ungern

Er habe bereits einen Anschluss von dort zum Lokal legen lassen, sagte der Vermieter in der Verhandlung: "Der Hahn braucht bloß umgedreht zu werden." Noch hat er das nicht getan. Aber er wird wohl müssen. Kostenlos.


Hintergrund: Wirtschaft und Wasser

Kaffeemachen, Kochen, Geschirrspülen, Toiletten: Ohne Wasser kann eine Gastwirtschaft zumachen. 1000 bis 3000 Liter pro Tag, rechnet Waldschenke-Wirt Bertram Mielert hoch, braucht er. Die Weihnachtsfeier der Polizei musste er wegen des Wasserproblems kurzfristig absagen, und auch sonst „wären einige große Feiern fast ins Wasser gefallen“. Noch gestern behalf er sich mit der Tankwagen-Lösung: Der Vermieter hat das Wasser von der Jäger-Leitung bisher nicht angestellt.

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