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Der letzte Tango im Dinea

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Heilbronn - Kein Tanztee mehr im Kaufhof − Diakonie sucht nach Alternativort

Von Werner Tewes
Im Dinea ist Schluss mit dem Tanzen. Aber die Suche nach einem Ersatzdomizil in der Innenstadt sieht laut Diakonie sehr vielversprechend aus.Foto: Ulrike Kugler
Im Dinea ist Schluss mit dem Tanzen. Aber die Suche nach einem Ersatzdomizil in der Innenstadt sieht laut Diakonie sehr vielversprechend aus.Foto: Ulrike Kugler

Heilbronn - Eine Träne ist das nicht, es ist ein Lächeln, das über ihr Gesicht huscht. Eindeutig: Sieglinde Reißig strahlt. Mit Schwung wirbelt sie übers Parkett. Ein Schritt nach links, einer nach rechts, eine Drehung. Tanzen, als würde es kein Ende geben. Dabei ist es tatsächlich doch der letzte Tanz. Nicht für die 66-Jährige, sie wird noch den einen oder anderen Walzer hinlegen. Aber es ist das letzte Mal, dass die Diakonie Heilbronn ihren Tanztee im Dinea im Kaufhof im Wollhaus veranstaltet. Doch von Trauer keine Spur.

Dabei geht dieser Tage ein Erfolgskapitel zu Ende, freilich ein kurzes. Nach nur neun Monaten muss sich die Diakonie nach einem neuen Ort für ihren Tanznachmittag umschauen. Das Dinea-Restaurant schließt Ende April seine Pforten und damit auch der Platz, an dem sich an jedem zweiten Donnerstag, Punkt 15 Uhr, im Schnitt um die 120 Senioren aus Stadt- und Landkreis zum Tanzen zusammengefunden haben. Zum Scherzen, zum Plaudern, zum Schwofen.

Dichtes Gedränge

"Es ist perfekt hier gewesen", sagt auch Sieglinde Reißig. Sie nennt die Atmosphäre großzügig, hell. Sonnenstrahlen schneiden sich ihren Weg durch die breite Fensterfront. Sie spricht die Musik an. Die Tanzkapelle beschallt den Saal mit "ein Stern, der deinen Namen trägt". Und natürlich die Gäste. Mehr als 20 Pärchen säumen die Tanzfläche. Dichtes Gedränge selbst auf den Gängen. Hinzu kommen Menschen, die an den Tischen sitzen und im Takt schaukeln.

Für viele ist es eben mehr als ein Tanznachmittag. Es ist ein gemütliches Beisammensein. Etliche der Gäste sind Stammgäste. Bereits beim ersten Tanztee im Juni dabei und nicht einmal gefehlt. Bei Epifanio (69)und Ermine Ensabella (59) aus Böckingen etwa ist Tanzen im Kaufhof zur Pflicht geworden. "Es macht einfach Spaß", sagt Ermine Ensabella. "Man fühlt sich mit einem Mal wieder wie ein Teenager." Ihr Mann Epifanio hat eine schwere Herzoperation hinter sich. Das Tanzen, so betont er, halte ihn jung.

Wer sich umschaut und umhört, bekommt etliche Geschichten mit. Da ist Gerda Arlt, 75. Sie ist "die Frau mit dem Rollator", wie sie schmunzelnd erwähnt. Die Gehhilfe ist ihr Tanzpartner. Arlt tanzt für ihr Leben gerne. "Am liebsten Jive oder Chachacha." Auch ihren Mann, der vor acht Jahren starb, hat sie beim Tanzen kennengelernt. Dann sind da Hans Ehrmann (80) und Eva-Maria Lang (66), seit sechs Jahren ein Tanzpaar. "Und bei jedem Tanztee dabei gewesen", betont Lang.

Flirts und mehr

Auch manch amouröses Abenteuer bahnt sich beim letzten Tanztee noch seinen Weg. In der Ecke sitzt ein älterer Herr, ebenfalls ein "Stammgast", wie er betont. Seinen Namen möchte er nicht nennen. Niemand solle erfahren, dass er da sei, sagt er. Plötzlich kommt eine Dame an seinen Tisch, er gibt ihr eine Rose. Nach einem Tanz verschwinden die beiden. Gemeinsam.

Es ist der letzte Tanz im Dinea. Der berühmte Tanz auf dem Vulkan? Wohl kaum. Natürlich werde man etwas wehmütig, dass die Veranstaltungsreihe an diesem Ort ihr Ende finde, aber das Leben gehe ja weiter, sagen viele der Senioren. Die Diakonie ist ohnehin eifrig auf der Suche nach einem neuen Veranstaltungsort. Wieso also Tränen vergießen? Das Lachen, es überwiegt.

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