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Der kurzlebige Trinker-Erlass

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Chronik des Heilbronner Versuchs

Von Franziska Feinäugle

Er war mit Sicherheit eine der kürzestgültigen Verordnungen in der Heilbronner Stadtgeschichte: der so genannte "Trinker-Erlass", der am 7. Oktober 2002 in Kraft trat und bereits am 20. Dezember 2002 durch einen Eilbeschluss des Stuttgarter Verwaltungsgerichts wieder gekippt wurde. Als "generalisierten Platzverweis" umschreibt Heilbronns stellvertretender Polizeidirektions-Chef Peter Flößer die von Anfang an umstrittene Verordnung - und genau diese Pauschalität war der Grund, warum die so genannte Allgemeinverfügung so rasch zum Scheitern verurteilt war."Auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen der Heilbronner Altstadt", besagte die zwischen Ordnungsamtsleiter Bernd Werner und Polizeirevier-Chef Thomas Lüdecke abgestimmte Verfügung, "ist es untersagt, sich außerhalb von konzessionierten Freischankflächen zum Alkoholkonsum in Gruppen von mehr als zwei Personen der so genannten Trinker- oder der Punkerszene aufzuhalten." Sprich: Bereits der friedliche Aufenthalt am Siebenröhrenbrunnen mit einer Bierdose in der Hand und die optisch sich aufdrängende potenzielle Zugehörigkeit zu einer bestimmten Bevölkerungsgruppe genügte, um von der Polizei per Platzverweis aus der Innenstadt entfernt zu werden.Die Betroffenen demonstrierten am Siebenröhrenbrunnen, zunächst ohne Ergebnis. 54 Platzverweise gegen 43 Personen sprach die Heilbronner Polizei auf der Basis der Verordnung aus. Dann kam der Gerichtsbeschluss. Ein Mann hatte Widerspruch gegen die Verordnung eingelegt und sich zudem gegen ein Zwangsgeld von 500 Euro gewehrt, das die Stadt ihm wegen wiederholten Verstoßes gegen das neue Gesetz auferlegt hatte.Das Gericht äußerte "ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung" und bescheinigte dem Mann, dass er sich wieder Alkohol trinkend in der Heilbronner Innenstadt aufhalten und den Zwangsgeldbescheid getrost in den Papierkorb werfen darf. Denn die bloße polizeiliche Erfahrung, dass gegen einzelne Angehörige dieser Gruppen wiederholt wegen Pöbeleien, Belästigungen oder Gegröle eingeschritten werden musste, "rechtfertigt nicht die Annahme einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Bezug auf alle Personen der in der Allgemeinverfügung genannten Angehörigen der so genannten Trinker- und Punkerszene".Seit der Erlass gerichtlich gekippt wurde, darf die Polizei Platzverweise wieder erst dann aussprechen, wenn eine konkrete Störung vorliegt.

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