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Alte Kinos verschwinden ganz von der Bildfläche

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Heilbronn - Savoy, Luxor, Scala, Linse. Diese vier Namen stehen für einen Heilbronner Gebäudekomplex mit vier Kinos. Die Einnerungen an deren beste Jahre sind verblasst – und das in die Jahre gekommene Ensemble wird bald ganz von der Bildfläche verschwinden.

Von Kilian Krauth

Heilbronn - Savoy, Luxor, Scala, Linse? Die wenigsten Passanten können mit diesen Begriffe etwas anfangen. Ägyptische Tempel, Ortschaften, Gaststätten? Die meisten tippten bei einer kleinen Straßenumfrage weit daneben. Doch nicht nur Cineasten wissen: Die vier Begriffe stehen für einen Gebäudekomplex mit vier Kinos. Die Einnerungen an deren beste Jahre sind verblasst − und das in die Jahre gekommene Ensemble wird in den nächsten Wochen ganz von der Bildfläche verschwinden.

An der Heilbronner Allee 16 haben Ende letzter Woche Abbrucharbeiten begonnen. Die Bagger machen den Weg frei für einen 30 Millionen Euro teueren Neubau der Volksbank Heilbronn. Ein einst von Optiker Frick und später von einer Dönerbude genutzter Gebäudeteil ist bereits dem Erdboden gleich gemacht. Eine ausrangierte Apotheke, wo es zuletzt Textilien gab, wird in den nächsten Tagen folgen.

Leerstand

Hinter der stattlichen Fassade, die durch die frei stehende Mauer manchen an die Front eines großen Western-Saloons erinnert, öffnete 1953 Ruth Frölich das Lichtspieltheater Filmbühne mit 655 Plätzen. Später übernahm Liselotte Jäger das Haus und unterteilte es in Savoy, Luxor und in das Raucherkino Smoky, das 1989 in Scala umbenannt wurde. Schon 1976 war das Studio Linse mit nur 95 Plätzen hinzugekommen.

Ein Anbau ist seit Freitag abgerissen. Jetzt geht es weiter.Fotos: Archiv/Veigel
Ein Anbau ist seit Freitag abgerissen. Jetzt geht es weiter.Fotos: Archiv/Veigel
Seit der Eröffnung des im K3 angesiedelten Cinemaxx im November 2000 standen die vier Säle leer; nur zeitweise wurden sie provisorisch für Parties oder Ausstellungen genutzt: zuletzt waren dort die Volksbank-Baupläne zu sehen.

Auch die benachbarte Villa Hauck muss weichen. Der Mieter, ein Brautmodengeschäft, hat eine Gnadenfrist bis Ende Oktober. Die Villa war 1910 im späten Barockstil des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV. gebaut und 1944 beschädigt worden. Der Nachkriegsbau nahm die Kubatur auf, trägt aber klassizistische Züge. Gewissermaßen ist die Villa der letzte bauliche Zeuge der historischen Allee.

Große Historie

In der Villa Hauck werden noch bis Ende Oktober Brautmoden verkauft.
In der Villa Hauck werden noch bis Ende Oktober Brautmoden verkauft.
Architekt war Adolf Braunwald. Er plante unter anderem die erste Heilbronner Hütte in Südtirol, den Pavillon im Seniorengarten am Wartberg und die verwunschene Villa Fuchs an der Jägerhausstraße. Bauherr Ludwig Hauck leitete einst die Zigarrenfabrik Johann-Ludwig Reiner. Hauck war zudem von 1929 bis 1933 Vorsitzender der Handelskammer Heilbronn und führte den Reichsverband Deutscher Zigarrenhersteller. Der weit gereiste Rotarier-Präsident und parteilose Gemeinderat war auch ein Kulturfreund. Mit einer stattlichen Summe hat er sich in die Riege der Förderer des städtischen Theaters eingereiht, also des Jugendstilbaus, der 1970 gesprengt wurde.

Die Villa Hauck steht nicht unter Denkmalschutz. Die Bürgerbewegung Lokale Agenda 21 hatte sich vergeblich für den Erhalt stark gemacht. Tatsächlich ließ die Volksbank in einem Architektenwettbewerb die Integration in einen Neubau prüfen. Doch keines von fünf Büros fand eine passende Lösung.


Hintergrund: Volksbank-Neubau

Die alten Kinos und die Villa Hauck weichen einem Neubau der Volksbank Heilbronn. Es ist auf 30 Millionen Euro veranschlagt und soll Mitte 2013 bezogen werden. Die Bank wird 40 Prozent der 8000 Quadratmeter großen Nutzfläche belegen. Im Erdgeschoss soll neben einer Apotheke und einem Café ein Gastronomiebetrieb einziehen. Hauptmieter ist die bisher an der Pestalozzistraße angesiedelte Privatklink und Gemeinschaftspraxis Mütsch, Kußmaul, Simpfendörfer. kra

 

 
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