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Heilbronn
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Kilianskirche erntet ersten eigenen Honig

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Imker füllt im Gotteshaus den Blütennektar ab, den zwei Bienenvölker in der Stadt gesammelt haben.

Von unserem Redakteur Helmut Buchholz

 

Heilbronn ist nicht gerade der Garten Eden, in dem Milch und Honig fließt. Doch wenigstens in der Kilianskirche fließt der süße Blütensaft jetzt. Besser gesagt, seit Dienstagmittag, Schlag 12 Uhr. Die Kirchturmglocken läuten, die Rathausuhr schlägt zur Mittagsstund’. Die akustische Kulisse lässt nichts für den feierlichen Anlass vermissen, als Pfarrer Hans-Jörg Eiding sagt: „Ein historischer Moment.“ Aus der Zentrifuge, die der Sontheimer Imker Hans Rosen im Vorraum des Gotteshauses aufgestellt hat, läuft der erste Kilianshonig. Der Name steht auf dem Etikett der 130-Gramm-Gläschen, in die der süße Saft zäh fließt.

Radtouristen, die das Gotteshaus besichtigen wollen, treibt das seltsame Schauspiel ein Fragezeichen ins Gesicht. Ein Imker bei der Arbeit in der Kilianskirche? Nun, das Schauschleudern des ersten Honigs war extra für die Presse an diesem Ort angesetzt. Eine Ausnahme.

An den Honig wird sich die Gemeinde aber schnell gewöhnen. „Schmeckt super“, sagt Pfarrer Eiding und schleckt die gelbe Masse von dem Teelöffel. Auch Imker Hans Rosen ist zufrieden mit dem Bouquet: „Schmeckt fruchtig, nach Blüten.“ Die kleine improvisierte Verkostung ist nur der Vorgeschmack auf mehr. Die zwei Bienenvölker mit rund 30.000 Bienen, die der Imker dank der Idee von Pfarrer Eiding auf der Terrasse am Kiliansturm in 21 Metern Höhe ansiedelte, bringen 60 Kilo Honig. Den Nektar sammeln die sprichwörtlich fleißigen Tiere im urbanen Umfeld. Nicht das schlechteste Revier, wie Hans Rosen betont. „Im Stadtgebiet gibt es immer ein Blütenangebot, und es wird auch nicht so viel gespritzt wie draußen auf dem Land.“

Harter Job

Ob der Stadthonig tatsächlich unbelastet ist? „Darüber gibt es Untersuchungen“, erklärt der Imker. Er sei jedenfalls nicht mehr belastet als der von Bienen, die mehr in der Natur leben. Eins steht jedenfalls auf jeden Fall fest: Die Bienen der Kilianskirche haben wohl die beste Aussicht ihrer Artgenossen weit und breit. Die Völker residieren in 1a-Lage am Kiliansturm mit Blick über das Heilbronner Häusermeer bis zu den Weinbergen. Viel Zeit, die Aussicht zu genießen, haben sie nicht. Eine Biene lebt im Sommer rund 40 Tage, 20 Tage im Stock und 20 Tage draußen.

Um 500 Gramm Honig zu erzeugen, müssen die Bienen eine Strecke fliegen, die drei Erdumrundungen entspricht. Und das bei einer Flugreichweite von drei Kilometern. Ein harter Job. Dabei hält das Volk seine Bevölkerung konstant auf einem Niveau. Es gibt einen natürlichen Schwund: Während 2000 Bienen pro Jahr sterben, schlüpfen gleichzeitig 2000. Die Tiere verlassen zum Sterben übrigens den Stock. Manche stürzen vom Turm auf die Treppe vor der Kirche. Der Mesner, so berichtet Pfarrer Eiding, sammelt sie auf. Passanten bekommen nichts von diesem Schauspiel mit.

Mühe

Warum macht sich die Kirche so viel Mühe? Pfarrer Eiding stellt das Pilotprojekt unter die Überschrift: „Schöpfung bewahren.“ Es gehe ihm um Nachhaltigkeit. Bienenvölker würden mittlerweile weltweit auf vielen öffentlichen Gebäuden stehen (siehe Hintergrund). Bis jetzt hat der Heilbronner Seelsorger nur positive Reaktionen geerntet. Wie die Honigernte unters Volk kommt, ist indes noch offen. Genauso wie der Preis des Kilianshonigs.

 

Hintergrund

Auch die Heilbronner Hochschule hat eigene Bienen und stellt Honig her. Ihr Nachhaltigkeitsbeauftragter Roland Pfennig hat das Projekt an der Kilianskirche begleitet. Der Trend zum Imkern in der Stadt nimmt zu, hat sogar schon einen eigenen Namen: Urban Imkering oder Beekeeping. Bienen bevölkern zum Beispiel mittlerweile ebenso den Berliner Dom wie die Alte Oper in Frankfurt. Die Stiftung „Deutschland summt“ unterstützt die Ansiedlung der fleißigen Nutztiere in Kommunen. mut

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