43 Jahre Giggerle serviert
Ana Miljanovic geht beim Wienerwald in Ruhestand − Schiffsreise der große Wunsch

Das Porträt
Von unserem Redakteur Joachim Friedl
HEILBRONN Es ist kaum zu glauben: Auch nach 43 Jahren Wienerwald schmeckt Ana Miljanovic noch immer das Giggerle. "Früher konnte ich ein ganzes Hähnchen essen. Heute reicht mir eine Halbes", lacht die 64-Jährige, die seit 1973 in dem Kultlokal an der Oststraße in Heilbronn arbeitet. Jetzt steht für die Slowenin, die in dem kleinen Nest Kocevje unweit von Ljubljana geboren ist, der Ruhestand an. "Nicht ganz", wie sie strahlend verrät: "Hin und wieder werde ich hier noch aushelfen. Das habe ich meinem Chef Martin Soonius versprochen."
Ana Miljanovic ist 18 Jahre alt, als sie Kocevje verlässt und ihrem Bruder Alois nach Isny folgt. Er arbeitet in der Küche der Gaststätte "Zur Sonne" − direkt am Marktplatz. Ana beginnt ihr berufliches Abenteuer an der Seite ihres Bruders. Die Tochter eines Maurers lernt Deutsch und wird bald im Service eingesetzt. Es folgt das Jahr 1973. Ihre Freundin Mira Schäfer verschlägt es aus privaten Gründen nach Heilbronn. Wenig später tauscht auch Ana Miljanovic das Allgäu mit dem Neckarufer.
Schichtarbeit Das Arbeitsamt will die beiden Frauen kurzerhand in die Fabrik schicken. Durch Zufall erfahren sie, dass im Wienerwald Personal gesucht wird. Sie wird eingestellt. Nur ein Mal in all den Jahren denkt sie ernsthaft darüber nach, auszusteigen und zu Telefunken zu wechseln. Kollegin Dragica Kotur überredet sie mit Engelszungen zu bleiben. Heute sagt die Mutter zweier erwachsener Kinder: "Ich habe es nicht bereut zu bleiben. Trotz der Schichtarbeit."
Gerne erinnert sich Ana Miljanovic, die neun Geschäftsführer erlebt hat, an die Zeit mit der US-Army: "Jeden Sonntag nach der Kirche sind die Soldaten mit ihren Familien zum Giggerle-Essen gekommen." Das Geschäft boomt. Ein Mal sogar war in jenen Jahren der Heilbronner Wienerwald der umsatzstärkste in Deutschland", erinnert sie sich.
Ein einschneidendes Erlebnis ist für die Frau mit der schicken Kurzhaarfrisur und der modischen Brille die Begegnung mit Wienerwald-Gründer Friedrich Jahn: "Er wohnte im Hotel Götz nebenan. Eines Abends, wir hatten schon geschlossen, klopfte es an der Tür. Herr Jahn stand davor und fragte, ob er noch ein Bier bekommen könnte? Es wurde ein langer Abend", kommen ihr jene Stunden wieder in den Sinn.
Pläne, wie sie ihren Ruhestand gestalten wird, hat Ana Miljanovic einige. Da ist zum Beispiel Enkelin Mina. Die Vierjährige freut sich schon auf die Zeit mit der Oma. Nicht nur, weil es dann ein Rippchen mehr Schokolade gibt, die die Großmutter so gerne nascht. Und dann gibt es noch den großen Traum einer Schiffsreise: "Die steht ganz fest im Kalender." Ihr wichtigster Wunsch heißt deshalb auch: "Noch lange gesund bleiben."