Der Konditor und die skeptischen Heilbronner
Heilbronn - Sie sind ein ganz spezielles Völkchen, die Heilbronner. Das hat Konditormeister Andreas Bellem schnell festgestellt, kaum dass er Mitte Mai im Heilbronner Käthchenhof am Marktplatz die dritte Niederlassung seines Kaffeehauses "Excellent" eröffnet hatte.

Heilbronn - Sie sind ein ganz spezielles Völkchen, die Heilbronner. Das hat Konditormeister Andreas Bellem schnell festgestellt, kaum dass er Mitte Mai im Heilbronner Käthchenhof am Marktplatz die dritte Niederlassung seines Kaffeehauses "Excellent" eröffnet hatte.
"Anders als in Sinsheim und Neckarsulm" sei das Heilbronner Publikum, blickt der 46-jährige Inhaber auf seine ersten drei Monate in der Käthchenstadt zurück, "sehr anspruchsvolle Gäste", unter denen er aber zu seiner Freude mittlerweile "schon viele Stammkunden gewonnen" habe.
Nun zeichnen sich Stammkunden ja dadurch aus, dass sie ihr angestammtes Lokal zu schätzen wissen und sich von liebgewonnenen Gewohnheiten nur äußerst ungern lösen. Eine solche liebgewonnene Gewohnheit, ein solches angestammtes Lokal war naturgemäß das Café Maître Münch, das Bellems Vorgänger Gerhard Münch seit Eröffnung des Käthchenhofs 1986 bis Ende 2012 am Marktplatz betrieben hatte.
Vergleiche
Noch immer, sagt Bellem, seien "viele Stammgäste vom Herrn Münch da, die alles mit dem Café Münch vergleichen" − auf Dauer nervenaufreibend für einen Konditormeister, der selbst weiß, wie man erfolgreich Kaffeehäuser führt und wie man mit Torten aus eigener Herstellung punktet. Mittlerweile, erzählt Andreas Bellem, habe er diese Gäste "teils überzeugen können. Aber es gibt immer noch diese Skeptiker, die vergleichen."
Immerhin lässt die Vergleicherei allmählich nach. "Anfangs kamen fast jeden Tag E-Mails: ,Beim Herrn Münch war das aber so und so...’" Den samstäglichen Hefezopf, nach dem ständig gefragt wurde, "haben wir jetzt aufgegriffen", sagt Andreas Bellem. Insgesamt aber vertritt er den Standpunkt: "Herr Münch hat es 26 Jahre toll gemacht − aber ich bin nicht der Herr Münch."
Befremden
Befremdet ist der 46-Jährige von einem Verhalten, das er mit Blick auf seine anderen Kaffeehäuser "ein Heilbronner Problem" nennt: dass Gäste wegen kleinster Kleinigkeiten reklamieren − oder sich schäbig verhalten wie jenes ältere Ehepaar: Die beiden bestellten sonntagnachmittags zwei Stück Torte, "aßen alles bis aufs Randstück und riefen mich dann an ihren Tisch, um sich zu beschweren, was das denn für eine Torte wäre". Die Torte war natürlich frisch vom Tag, kein Anlass, den Gästen die Bezahlung zu erlassen. Trotzdem hofft er, "dass sich das alles normalisiert, wenn mehr zeitlicher Abstand zum Café Münch ist".

Giesebrechtstraße 16 lautet die Adresse, an der sich der 63-Jährige äußerst wohl fühlt. Schon dass niemand seine Einrichtung als "zu dunkel" oder sonstwie kommentierte, war ihm ein angenehmer Kontrast zu Heilbronn: "Der Schwabe stellt gern alles in Frage − hier ist es einfach, wie es ist." Kurioserweise hat er auch jetzt noch ständig Heilbronner als Gäste: Berlintouristen oder solche, die in Berlin Geschäfte machen. "Wir hatten in den ersten zweieinhalb Monaten nur drei Tage, an denen keine Heilbronner da waren."
Hintergrund: Bekannte Gesichter
Im neuen Kaffeehaus Excellent arbeiten einige altbekannte Gesichter: Andreas Bellem hat sieben Service- und Küchenkräfte von Vorgänger Münch übernommen. 2009 hat er sein Excellent in Sinsheim eröffnet, 2011 das in Neckarsulm. ff
Stimme.de