Dauerbetrüger kassierte sogar mit gefälschter Arztdiagnose ab
Region Heilbronn 63-jähriger Krankenpfleger betrog Versicherungen und Arbeitsamt - Bewährungsstrafe nach 43 000-Euro-Schaden
Region Heilbronn - Der Krankenbefund klang drastisch: 99 Tage lag seine Ehefrau im Bietigheimer Krankenhaus, litt angeblich unter einem Giftschocksyndrom. Weitere 55 Tage wurde sein Sohn angeblich im gleichen Krankenhaus behandelt, nach Rissen in den Lungenlappen. Mit derartigen gefälschten Diagnosen hat ein Krankenpfleger aus dem Landkreis Heilbronn gutes Geld kassiert. In Nachtschichten veränderte er am Krankenhaus-Computer Arztberichte und Bescheinigungen, trug Frau und Sohn in die Formulare ein und sandte sie an seine Versicherung. 7873 Euro Krankentagegeld kassierte der dreiste Betrüger damit ab.
Eine ganze Reihe von Behörden und Organisationen hat der 63-Jährige über die Jahre hinters Licht geführt und Tausende Euro verdient. Ein halbes Leben lang war der 63-jährige Mann aus einer Landkreisgemeinde „ein notorischer, gewerbsmäßiger Betrüger“, wie Richter Frank Haberzettl in der Verhandlung am Heilbronner Amtsgericht feststellte.
Falscher Doktortitel Hagelschäden täuschte der Angeklagte vor und reichte Belege bei Versicherungen ein. Durch Blitzschlag zerstörte Elektrogeräte meldete er, gestohlene Computer oder ein gestohlenes Exklusivfahrrad der Marke „Francesco Moser“. Notwendige Kauf- oder Reparaturrechnungen fälschte er mit Kopierer- und Computerhilfe. Nach seiner Entlassung im Krankenhaus - der Schwindel war irgendwann aufgeflogen - bewarb er sich als Dozent bei der Berufsakademie Mosbach. Einen Doktortitel in Wirtschaftsinformatik gab er mit gefälschtem Zeugnis der Uni Köln vor, wurde genommen und durfte zweimal die Woche Studenten unterrichten. Vom Arbeitsamt kassierte er in jener Zeit zu Unrecht Arbeitslosengeld. Gesamtschaden der angeklagten Betrügereien der Jahre 1997 bis 2002: 43 328 Euro.
Der 63-Jährige gestand alles und sagte zu, den Schaden wieder gut machen zu wollen. „Es war nicht besonders schwer, an die Daten und Vorlagen zu kommen“, beleuchtete er sein Tun. Bei den Versicherungen „gab es keine Probleme mit den Auszahlungen“. Oft sei das Geld in der Woche seines Antrags überwiesen worden. Das Motiv für die Betrugsserie? Auf einen 100-prozentig behinderten Sohn aus erster Ehe verwies der mehrfache Familienvater. Operationen, Behandlung, Pflegekosten hätten sehr viel Geld verschlungen. Der Gerichtsvollzieher „ ist ständig bei uns ein- und aus gegangen“.
Eine Erklärung, die Richter Haberzettl nicht ausreichte. Einen gewissen Realitätsverlust bescheinigte er dem Angeklagten, der seine Straftaten auf die Behinderung seines Sohnes reduzieren wolle. Obwohl die Taten bei dem mehrfach vorbestraften Betrüger für eine mehrjährige Haft ausgereicht hätten, ließ es der Richter bei einer zweijährigen Bewährungsstrafe bewenden. Bedingung: Über fünf Jahre muss der 63-Jährige, der inzwischen Rentner ist, jeden Monat 250 Euro an die Geschädigten zurückzahlen. Für Verteidiger Stefan Lay ein für alle Seiten vernünftiges Urteil. „Wenn er ins Gefängnis gekommen wäre, hätten die Geschädigten nie einen Cent gesehen.“ So könnten wenigstens 15 000 Euro zurückfließen.