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Der Buga-Blues grassiert schon in Heilbronn

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Abschied tut weh: Rund zwei Wochen vor dem Ende der Heilbronner Bundesgartenschau befällt viele Dauerbesucher Traurigkeit. Was werden sie wohl am meisten vermissen?

von Helmut Buchholz
Ines und Heiko Winkler am Karlssee: Der 53-Jährige sagt, er sei fast schon ein bisschen frustriert, weil vieles auf dem Buga-Gelände wieder zurückgebaut wird. Für das Paar war die Bundesgartenschau eine Ruheoase.
Ines und Heiko Winkler am Karlssee: Der 53-Jährige sagt, er sei fast schon ein bisschen frustriert, weil vieles auf dem Buga-Gelände wieder zurückgebaut wird. Für das Paar war die Bundesgartenschau eine Ruheoase.  Foto: Buchholz, Helmut

Es gibt ja Scherzbolde, die Hochwasserschutz für den Karlssee fordern. Denn die Tränen, die die Buga-Fans beim Ende der Bundesgartenschau vergießen, werden zahlreich und groß sein. Wie viele Scherze, hat auch dieser einen wahren Kern.

Denn wer sich rund um den Karlssee umhört, spürt schon zwei Wochen bevor sich die Buga-Tore schließen, wie der Trennungsschmerz um sich greift. Was werden die Besucher wohl am meisten vermissen?

Für einige ist die Buga zum zweiten Wohnzimmer geworden

Rolf und Anita Schulze-Seeger, beide über 70 Jahre alt, kommen ins Schwärmen. "Wir sind richtig in die Buga verliebt, sie ist unser zweites Wohnzimmer", sagt der Bad Rappenauer. "Und wir sind heute schon traurig, dass die Buga bald zu Ende geht." Was dem Paar besonders fehlen wird? "Alles", antwortet Anita Schulze-Seeger. "Ich kann mir eine Zeit ohne Buga kaum vorstellen." Die "wunderschöne Atmosphäre" auf dem Gelände, mit einem Glas Wein in der Alten Reederei zu sitzen, das haben die beiden gerne gemacht. "Es war immer wie Urlaub hier, und man hat bei jedem Besuch etwas Neues entdeckt", sagt Anita Schulze-Seeger. Obwohl beide aus Bad Rappenau seien, "haben wir schon davon geträumt, wie es wohl wäre, hier zu wohnen, mitten in einem Park am Neckar", erklärt ihr Gatte. "Aber einen alten Baum verpflanzt man eben nicht."

Jutta Reißmüller (li.) und Hildegard Stegmaier macht die Buga gute Laune.
Jutta Reißmüller (li.) und Hildegard Stegmaier macht die Buga gute Laune.  Foto: Buchholz, Helmut

Ines und Heiko Winkler hat die Buga rundum gefallen. "Wie hier die Leute miteinander umgehen, kein Stress, eine Ruheoase", lobt der 53-Jährige. Das Paar aus Flein kam oft mittags oder nachmittags für einen Spaziergang auf das Areal, ließ sich eine Stunde lang entspannt treiben. "Mit dem Buga-Gelände wurde Heilbronn um einiges reicher, wir fühlen uns jetzt viel wohler hier. Auch in der Stadt selbst hat sich ja einiges getan", erklärt Ines Winkler.

Deshalb fragt sich ihr Ehemann: "Warum kann sich Heilbronn nicht leisten, dieses Gelände so zu erhalten wie es ist. Ich bin fast ein bisschen frustriert, dass vieles wieder zugebaut wird." Wenn es eine Unterschriftenliste zum Erhalt des Buga-Areals gäbe, würden die Winklers jedenfalls sofort unterschreiben.

Schöne Stunden rund um Karlssee und Floßhafen

Renate Benzschawel aus Bad Friedrichshall weiß genau, was sie vermissen wird. "Ich bin fast satt von den Blumenbeeten", erklärt die Dauerbesucherin. "Mich sprechen aber vor allem die Veranstaltungen an, das freie Singen etwa, das wird mir fehlen." Die 59-Jährige erinnert sich an Besuche mit Picknickdecke und schöne Stunden rund um Karlssee und Floßhafen. Sie kommt aus Trier, lebt aber schon seit 40 Jahren in der Region. "Als ich hierher gezogen bin, hatte Heilbronn noch nicht so viel zu bieten. Aber die Buga wertet die Stadt auf."

Renate Benzschawel (ganz rechts) mit Familie beim Buga-Besuch: "Mir werden vor allem die Veranstaltungen fehlen", sagt die 59-Jährige.
Fotos: Helmut Buchholz
Renate Benzschawel (ganz rechts) mit Familie beim Buga-Besuch: "Mir werden vor allem die Veranstaltungen fehlen", sagt die 59-Jährige. Fotos: Helmut Buchholz  Foto: Buchholz, Helmut

"Das Flair, die Blumen, die Wassershow, uns hat im Großen und Ganzen einfach alles gefallen", sagen Helga und Frank Tauber aus Heilbronn-Biberach einhellig. In der Stadt selbst habe sich ebenso einiges getan, hebt die 66-Jährige hervor: "die Neckarmeile, die Experimenta".

Als das Paar vor zwölf Jahren aus Sachsen nach Heilbronn zog, "war es hier trist", denkt Frank Tauber zurück. Das sei nun anders. Beide würden sich wünschen, dass von dem Buga-Gelände noch so viel übrig bleibt, "etwa der Zugang zum Neckar, dass man hier noch einen Spaziergang machen kann".

Die Buga steht für ein neues Lebensgefühl

Hildegard Stegmaier ist fasziniert davon, "was hier auf die Beine gestellt wurde". Die ganzen Veranstaltungen, "bei denen man zum Beispiel tanzen konnte, das gab es sonst nicht", konstatiert die 64-jährige Heilbronnerin. Jutta Reißmüller ist mit ihr auf dem Buga-Gelände unterwegs und ergänzt: "Ich bin schon sehr wehmütig, weil das alles zu Ende geht." Die 57-Jährige fügt an: "Auf der Buga hat man Urlaubsgefühle. Jung und Alt haben hier zusammen friedlich gefeiert, die Buga hat gute Laune gemacht." Beide hoffen, dass beim Rückbau noch etwas von dem jetzigen Terrain und Flair übrig bleibt. Jutta Reißmüller kann nur bestätigen, wenn viele Heilbronner sich jetzt ganz anders mit ihrer Stadt identifizieren: "Ja, es gibt einen neuen Bürgerstolz."

Was bleibt? Was wird zurückgebaut?

Das Wohngebiet, das auf dem Buga-Gelände nach Ende der Schau entsteht, heißt Neckarbogen. Es besteht aus drei Bauabschnitten. 22 Wohngebäude plus Jugendherberge stehen bereits. Die nächsten Gebäude folgen 2020/21 in der Verlängerung der Jugendherberge sowie auf der anderen Seite der Paula-Fuchs-Allee − dem derzeitigen Inzwischenland. Der Fruchtschuppen wird abgerissen. Auf diesem Areal ist eine Schule geplant.

Bis 2024/25 soll der Neckarbogen II bebaut sein. Im Bereich zwischen den Seen, der Sommerinsel mit den Grashügeln, entstehen die ersten Häuser 2024. Bis 2027 soll die Aufsiedlung vom Neckarbogen III für insgesamt 3500 Bewohner beendet sein. Karlssee und Floßhafen bleiben mit Uferbereichen erhalten, ebenso Neckarufer- und Campuspark. 

 
 
 
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