Betonmauer wird Sandsteinbalkon
Heilbronn - Entlang der Südflanke der Heilbronner Kilianskirche wird derzeit eine Betonmauer hochgezogen. Der 20 Meter lange und 8,40 Meter tiefe Balkon entsteht in Anlehnung an historische Vorbilder. Wie die später mit einem Geländer umgebene Fläche genutzt wird, ist noch offen.
Heilbronn - Um Gottes Willen, was wird denn das?" Als Michael Hamberger beim Weihnachtseinkauf vor der Kilianskirche steht, traut er seinen Augen nicht. Anderen Passanten geht es ähnlich: Entlang der Südflanke des Gotteshauses wird eine Betonmauer hochgezogen. Baustellenbeauftragter Manfred Hoffmann kann die Aufregung verstehen. Von Berufs wegen hat er während der Sanierung des Kiliansplatzes ein offenes Ohr für die Bürger: "Man glaubt gar nicht, wer sich über was alles den Kopf zerbricht." Bei der Mauer, erklärt er allen, handelt es sich um den Unterbau eines sogenannten Kirchenbalkons.
Natürlich bleibe das ganze "nicht nackt", vielmehr werde der Beton in Absprache mit dem Denkmalamt mit Sandstein verkleidet, weiß Baubürgermeister Wilfried Hajek. Der 20 Meter lange und 8,40 Meter tiefe Balkon, der genau genommen eine Terrasse ist, beginnt ebenerdig hinter dem Siebenröhrenbrunnen und schließt 1,20 Meter über der Kirchenbrunnenstraße an der Kirchentreppe ab. Er entsteht in Anlehnung an historische Vorbilder.
Wie die später mit einem Geländer umgebene Terrasse genutzt wird, ist noch offen. Die Kilianskirchengemeinde diskutiere "sinnvolle Möglichkeiten", erklärt Dekan Otto Friedrich. Man könnte den Ort etwa Hochzeitsgesellschaften für den Sektempfang anbieten und in Gemeindefeste einbinden. Freiluftfreunde bringen eine Terrassenwirtschaft oder ein Straßencafé ins Spiel. "Ohne große Probleme" könnte es doch vom gegenüberliegenden Kilianshaus und dem dortigen Weltladen bewirtschaftet werden, meinen manche. Und: Ließe sich damit nicht die Lücke schließen, die seit dem Ende des Kaffeehauses Noller dort klafft? Otto Friedrich und Kirchenpfleger Rolf Krieg wollen die "charmanten Idee" nicht abblocken.
Straßencafé?
Auch die Leiterin des von der Diakonischen Jugendhilfe geführten Weltladens, Sabine Murthum, zeigt sich aufgeschlossen. Sie gibt aber zu bedenken, dass sie zwar Kaffee ausschenken darf, bisher aber keine Gaststättenlizens hat. Mit dem Rathaus will sie aber später abklären, was an dem Standort alles möglich ist. "Doch wir sind noch in der Eröffnungsphase und jetzt ist erstmal Winter."
Auch der Besitzer des Café Kilian, Rolf Härdtner, hat sich über den Balkon schon so seine Gedanken gemacht. Doch für ihn sei die Distanz zu groß. Mit seinem Kaffeehaus an der Ecke Kiliansplatz/Kaiserstraße würde der Unternehmer aber gerne einen Beitrag zur Attraktivitätssteigerung des gesamten Platzes leisten. Mit der Hausbesitzerin und der Stadt sei er bereits im Gespräch. Ihm schwebt "an dieser zugigen Ecke" eine Art Wintergarten vor, oder zumindest ein windgeschütztes Straßencafé, wie man es von anderen Großstädten kennt. Doch die Stadtverwaltung tut sich damit schwer, weil solche Einbauten das Gesamterscheinungsbild des neuen Platzes trüben könnten und den Passantenstrom bremsen.
"Die Mitte der Stadt hat kein Frequenzproblem", betont Citymanager Jörg Plieschke. Mit der Eröffnung der vier Kaufhäuser im Klosterhof sei die Zahl der Passanten stark gestiegen. Defizite sieht aber auch er in der "Verweildauer". Die Außenbestuhlung der Lokale Starbucks und Todis und Härdtners Idee zielten in die richtige Richtung.
Veranstaltungen
Darüber hinaus regt Plieschke an, den Platz nach der für Mai geplanten Fertigstellung verstärkt für Veranstaltungen zu nutzen, nicht nur beim Landesturnfest, nicht nur an acht Einkaufswochenenden, sondern "etwa als Plattform für Musik- und Kulturgruppen aus Schulen und Vereinen. Das würde bei den jungen Leuten auch die Identifikation mit der Mitte der Stadt stärken."