Vom Opfergang im Doppelpack
Die Hegelmaiers zeigen bei der Premiere, was Schiller aus Heilbronner Stoff machen würde

Der Meister persönlich nutzt die Steilvorlagen. Wenn "Heilbronn schillert" und die Hegelmaiers im Schiller-Gedenkjahr genüsslich die Stadtpolitik sezieren, kann große Literatur entstehen. "Ich werde ein Drama schreiben", blickt Uwe Jacobi mit barocker Perücke verklärt in die Ferne, und bringt es bei der Premiere auf dem Theaterschiff auf den Punkt. Das Stück heißt "Der Opfergang im Doppelpack" und ist eine Hommage an "den wackeren Harry Mergel", der sich als neuer Kulturbürgermeister opfert, nebenbei noch SPD-Parteifreund Ulrich Frey opfert, und wenn vor lauter Opferbereitschaft CDU-Chef Alexander Throm am Ende noch Baubürgermeister wird, ist der Dramenstoff komplett.In prächtiger Spiellaune präsentiert sich das Parodie-Sextett um Uwe und Hanne Jacobi, Harald Friese, Kurt Schaber, Elisabeth Beker und Monika Thunert. Mit einem Eimerchen kommt Friese auf die Bühne und kann endlich seine Konfetti durch die Lüfte wirbeln, was die bösen Karnevalisten beim Faschingszug verboten hatten. Als Pop-Idol mit Zottelmähne macht Kurt Schaber eine gute Figur, wenn er zur Melodie von "Rote Lippen muss man küssen" den "Einheitsbrei" der austauschbaren City aufs Korn nimmt. Mit rauchiger Stimme fleht Elisabeth Beker das ECE in der "Stadt der Krämerseelen" herbei - was bedeutet schon die Historie? Die Mischung aus Parodie, Chansons und überleitenden Anekdoten, von Hanne Jacobi mit frechem Charme serviert, stimmt. Das Programm mit 22 Nummern fließt fast aus einem Guss. "Hofkapellmeister" Richie Kübler und Bruder Heinz sorgen für den schmissigen Sound, und 90 witzige Minuten sind im Handumdrehen vorüber. Nicht nur das "so liebe, so bunte" Heilbronn bekommt Kleckse ab. In "Party-Geflüster" nimmt das Ensemble in köstlicher Art den mal künstlich, mal bösartigen Small-Talk ins Visier. Innerlich von den anderen gelangweilt, wirft sich die Runde nichtssagende Höflichkeiten zu, bis Elisabeth Beker die demaskierende Frage stellt: "Hat es eigentlich etwas zu bedeuten, dass dein Mann mir beim Menü drei Mal übers Bein gestreichelt hat?" Hanne Jacobi setzt den K.o-Schlag. Da dies "nach dem Geflügel" war, bedeute es "gar nichts". Ihr Mann hasse einfach fettige Finger.In die Leiden des Oberbürgermeisters versetzt sich Harald Friese, weil immer mehr Anfragen kommen, die dreifache Schauspiel-Preisträgerin Sibel Kekilli, "eine waschechte Heilbronnerin" endlich zu einem Empfang im Rathaus einzuladen. Der OB ringt mit sich. Bei der schlüpfrigen Vergangenheit der Dame? Was wird der Monsignore sagen? Am Ende siegt der Bedenkenträger. Empfang ja - bei der Bundesgartenschau 2019.Den "Nabel der Welt" haben die Hegelmaiers wieder eindrucksvoll beleuchtet. "Meckern macht fit", ist die Quintessenz ihres Streifzugs. Und wer neu in die Stadt komme, sollte tunlichst mitmachen.
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