Abschieds-„Bekenntnis zur Diakonie“
Letzter Neujahrsempfang des evangelischen Prälaten - Erstmals mit Juden und Muslimen

Verstehen Sie diesen Neujahrsempfang - Sie wissen, es wird mein letzter sein - als Bekenntnis zur Diakonie.“ Mit diesen Worten in seiner Begrüßung machte Prälat Paul Dieterich seinen knapp 250 Gästen am Samstag in den Räumen der Heilbronner Friedensgemeinde drei Dinge klar: was Thema des Vormittags ist, wo das Herz des Regionalbischofs schlägt und - bescheiden wie immer in einem Einschub versteckt - die Erinnerung, dass er 2006 die Altersgrenze erreicht.
Am 19. November wird Dieterich in der Kilianskirche verabschiedet. Danach will er zurück nach Weilheim/Teck ziehen, wo er und seine Frau aufgewachsen sind. Die Suche nach einem Nachfolger hat noch nicht begonnen. Zur Prälatur Heilbronn gehören 600 000 Mitglieder und 600 Pfarrer in 15 Dekanaten - vom Norden Württembergs bis nach Schorndorf und von Künzelsau bis Mühlacker.
Noch einmal führte Dieterich mit Literatur-Zitaten, Humor und Herz durchs Programm. Erstmals begrüßte der Prälat nicht nur Gäste aus Politik, Gesellschaft und Kirche, sondern auch der anderen monotheistischen Religionen: die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Avital Toren, den Vorsitzenden des Islamischen Dachverbands in Heilbronn, Abdulhamid Andreas Tittus, und den Sprecher der Islamischen Gemeinde Heilbronn, Ferhat Dag. „Bei allen Unterschieden im Glauben, die keiner bagatellisieren darf, haben wir doch das gemeinsame Ziel des Friedens“, sagte Dieterich.
Im Mittelpunkt stand aber die Diakonie, „die Liebe, die zur Tat wird“, wie der evangelische Oberhirte es formulierte. Dazu hielt Reinhard Turre einen Vortrag. Er hat als Direktor des Diakonischen Werks in Sachsen von 1991 bis 2004 Erfahrungen in der Praxis gesammelt, lehrt als Professor in Leipzig und ist Mitverfasser einer neuen Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die dieses Jahr erscheinen soll.
Turre riet zunächst, den veränderten Voraussetzungen von Diakonie ins Auge zu sehen: von Säkularisierung über den demografischen Wandel bis zu den Regeln des Marktes. Dieser zwinge auch kirchliche Einrichtungen zur Professionalisierung und Sparsamkeit. Zugleich dürfe Diakonie dabei nicht stehen bleiben. Sie müsse vor allem ihre Inhalte und Werte deutlich machen, in den Gemeinden vor Ort verankert sein, Hilfe zur Selbsthilfe („Assistenz“) leisten und - etwa bei der Gesundheitsreform - mitreden. Zumindest dazu war beim Empfang im Anschluss reichlich Gelegenheit.