Dem Bäcker wegen türkischer Zeitung gedroht
Mutmaßlicher Kunde forderte von Böckinger Bäckerei, die Tageszeitung Hürriyet aus dem Sortiment zu nehmen
Nach Brot, Brötchen und Kuchen duftet es in seiner Bäckerei, die Heilbronner Stimme und die Bild können Kunden dort seit langem schon am Tresen kaufen. Seit rund zehn Jahren bietet Bäckermeister Fred Seyfarth (57) auch die türkischsprachige Hürriyet an. Etwa zwei bis drei dieser Zeitungen verkauft er pro Tag an türkische Kunden, die in seiner Bäckerei einkaufen.
Was nun am Montag passiert ist, brachte Seyfarth in Rage. Ein Mann rief an, meldete sich, so Seyfarth, mit Mayer oder so und habe eindringlich damit gedroht, nie mehr die Bäckerei zu betreten, wenn ihr die Zeitung Hürriyet weiter verkauft . Die Zeitung sei rechtsradikal , diskriminiere Frauen, und auch irgend einen Bezug zur Nazizeit soll der unbekannte Anrufer von sich gegeben haben. Erbost ob einer solchen Dreistigkeit sagt Seyfarth: Das ist doch Diskriminierung, was der betreibt.
Türkisch kann der Bäckermeister nicht. Was in dem Blatt steht, kann er nicht genau sagen. Aber: Die Zeitung wird doch an vielen Orten in Heilbronn verkauft.
Die Polizei hat da bessere Einblicke. Bei den Kollegen vom Verfassungsschutz fragte der Heilbronner Polizeisprecher Torsten Weidemann gleich mal nach. Die haben gelacht , berichtet Weidemann über die Reaktionen zu den Vorwürfen des Anrufers. Ob eine Zeitung rechts- oder linkslastig sei, dies sei eher Ansichtssache. Hürriyet sei aber auf jeden Fall eine seriöse Zeitung. Die Polizei habe das Blatt sogar in ihrem Presseverteiler, stellt Weidemann fest.
Freiheit heißt die Zeitung Hürriyet übersetzt, die ihren Redaktionssitz in Istanbul und eine Europa-Redaktion in Mörfelden bei Frankfurt hat. Das Internet-Nachschlagwerk Wikipedia stuft Hürriyet als liberal-konservative Boulevardzeitung ein. Immer freitags enthalte die Zeitung in Deutschland eine deutschsprachige Beilage, um junge Türken der zweiten Generation zu erreichen, die oft besser deutsch als türkisch sprechen.
Die Zeitung sei liberal, türkisch-national geprägt und ist weder islamistisch noch rechtsradikal , sagte Ferhat Dag, der Sprecher der Islamischen Gemeinde Heilbronn, gestern auf Anfrage. Sie erreiche ein breites Publikum. Da auch viel Fleisch , also leicht bekleidete Frauen, abgedruckt werden, würden gläubige Muslime es vermeiden, die Zeitung zu kaufen.
Bäckermeister Fred Seyfarth ist sich jedenfalls sicher: Solchen Telefondrohungen, wie er sie in seiner Bäckerei erlebt hat, muss man doch einen Riegel vorschieben . Er werde die Zeitung nicht aus dem Sortiment nehmen, sondern sie weiter Kunden anbieten.