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"Das ist Plastikspielzeug, niemals Schwimmhilfe"

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Bade-Tod des kleinen Mädchens am Breitenauer See: Staatsanwaltschaft prüft, ob Ermittlungsverfahren gegen die Eltern eingeleitet wird

Von Carsten Friese
 Foto: Von Sebastian Speth

"Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht" heißt der Paragraf 171 im Strafgesetzbuch und verweist unter anderem bei "gröblicher Verletzung" auf den Tatbestand, wenn Schutzbefohlene unter 16 Jahren in große Gefahr gebracht werden. Werden die Eltern nach dem schmerzhaften Verlust ihrer Tochter vielleicht doppelt bestraft?

"Bei dem Tod eines kleinen Kindes ist ein solches Ermittlungsverfahren immer möglich. Ob es einzuleiten ist, wird derzeit geprüft", sagte Presse-Staatsanwältin Michaela Halter. Ein erster Bericht der Polizei liegt vor. Die Folgen des Vorfalls für die Familie, auch die psychischen, werden bei einer solchen Prüfung berücksichtigt.

Eins steht fest: Die aufblasbare Plastikschildkröte, mit der das Kind ins Wasser gegangen ist, war für einen Schlecht- oder Nichtschwimmer absolut kein Schutz. "Derartige Plastiktiere sind Spielzeug, aber niemals eine Schwimmhilfe", sagte Polizeisprecher Peter Lechner. Auch andere Plastikhilfsmittel bieten keine Gewähr. Bei Reifen besteht die Gefahr des Durchrutschens in die Tiefe. Selbst an Schwimmflügeln könnten sich Stöpsel lösen oder Risse entstehen. Schwimmhilfen suggerieren Sicherheit. Lechner: "Das kann ein fataler Trugschluss sein."

Mit Schwimmflügeln wäre der tödliche Unfall "möglicherweise nicht passiert", sagt der Unterländer DLRG-Geschäftsführer Peter Bartsch. Die Rettungsschwimmer an den Badeseen haben klare Anweisungen: Kommen Kinder mit Schwimmflügeln in Nichtschwimmerbereiche, "schicken wir sie zurück". Elf tödliche Bade-Unfälle hat der DLRG seit 1985 am Breitenauer See gezählt, jetzt das erste tote Kind unter zehn Jahren; einen Badetoten gab's 2002 in der Ehmetsklinge. Sieben Mal mussten DLRG-Helfer in Stadt- und Landkreis im Jahr 2003 Badende vor dem Ertrinken retten. Bartsch: "Die Werte sind stabil. Es gibt keine Tendenz, dass die Unfallzahlen in der Region steigen."

Da Schulen immer weniger Zeit haben, Schwimmunterricht anzubieten, merkt der DLRG den Zulauf. 330 Vier- bis Sechsjährige haben im Vorjahr im Unterland am Anfängerschwimmen teilgenommen. Für Bartsch "ein hoher Wert". Doch nach Ende des Kurses müssten die Eltern mit den Kindern weiter üben und sie nicht allein lassen. "Die Sicherheit", sagt Bartsch, "kommt wie beim Autofahren erst mit der Zeit."

Die schlimmen Sekunden, als die leblose Franziska am Sonntag von einem Rettungshelfer aus dem Wasser an Land getragen wurde, hat Badegast Bodo Teichert am Seeufer erlebt. "Plötzlich war eine totale Stille, viele haben weggeschaut", berichtete er. Nach einer halben Stunde seien die Menschen wieder ins Wasser gegangen. Auch Kinder.


 Foto: Von Sebastian Speth
 
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