Vor dem "Hirsch" stand das Zollhäusle
Serie: Alte Gasthäuser Der "Hirsch" gehört in Oberstenfeld noch zu den wenigen traditionellen Gastwirtschaften in der Bottwartalgemeinde. Im Jahre 2013 konnte das 125-jährige Jubiläum gefeiert werden.

Serie: Alte Gasthäuser
Der "Hirsch" gehört in Oberstenfeld noch zu den wenigen traditionellen Gastwirtschaften in der Bottwartalgemeinde. Im Jahre 2013 konnte das 125-jährige Jubiläum gefeiert werden. Die Urkunde des Landesinnungsverbandes der Fleischer ziert den Gastraum. Der hat noch den gemütlichen Charme einer echten Dorfwirtschaft. Holztische und Stühle, die Wände mit Holz verkleidet, und hinter der Theke stehen die Gläser im Schrank in Reih und Glied.
Ursprünglich stand an der Stelle, wo heute das Gasthaus "Hirsch" sich befindet, ein Zollhäusle. Im Ortsarchiv ist nachzulesen, dass das Zollhaus im Jahr 1706 gebaut wurde. Über 100 Jahre lang wurde hier von Fuhrleuten ein Wegezoll erhoben.
Besitzerwechsel Nach verschiedenen Besitzerwechseln entwickelte sich zuerst eine Metzgerei. Nach Umbauten entstand im ehemaligen Zollhäusle 1867 unter Georg Adolf Rittberger schließlich eine Gastwirtschaft. Rittberger starb ein Jahr später im Alter von nur 46 Jahren. Die Witwe heiratete den Küfer und Gemeinderat Friedrich Ziegler, der auch nach zwei Jahren starb.
Im Zusammenhang mit dem Gasthaus "Hirsch" taucht der Name Ziegler zum ersten Mal auf. Der Stiefsohn Georg Rittberger, der das Metzgerhandwerk von Grund auf gelernt hatte, führte den Betrieb weiter. Als auch er stirbt, heiratete die Witwe im Jahr 1888 Philipp Johann Ziegler, den Urgroßvater des heutigen Wirts.
"Das war dann der Familienname Ziegler, zu dem wir heute noch gehören", sagt Wirt Wolfgang Ziegler, der seit 1995 den Betrieb von seiner Mutter Margarete Ziegler übernommen hatte. In dem Gasthaus in der Ortsmitte wird schon in vierten Generation von den Zieglers eine Metzgerei mit Gasthaus betrieben. "Früher gab es daneben noch Landwirtschaft und Weinbau", erinnert sich Wolfgang Ziegler. Der Fasswein aus dem eigenen Wengert sei hier am meisten getrunken worden.
"Bei uns stehen die Qualität der Lebensmittel und die Zufriedenheit der Kunden und Gäste im Vordergrund", sagen die Wolfgang (55) und Eveline (51) Ziegler. Dass sie es in Zeiten von Supermärkten und Fastfoodketten nicht leicht haben, verschweigen die beiden nicht. "Die Leute schätzen den Wert guter Lebensmittel immer weniger", bedauert Wolfgang Ziegler den Zeitgeist.
Trotzdem ist der Metzgermeister und Wirt bestrebt, dem "Hirsch" mit klassischer schwäbischer Küche und regionalen frischen Fleischprodukten eine Zukunft zu geben. Die Rinder, Schweine oder Lämmer werden nur bei Landwirten in der näheren Umgebung nach persönlicher Begutachtung eingekauft. Geschlachtet wird nicht mehr im Haus. "Da sind die Auflagen einfach zu hoch", meint Ziegler. Das Fleisch wird in der eigenen Metzgerei verarbeitet.
Tradition Mit den Kindern Michael (29) und Bettina (26) steht schon die fünfte Generation in den Startlöchern. Die lange Tradition des Metzgerhandwerks wird von Michael Ziegler weitergeführt, der 2004 der jüngste Meister seines Fachs in Baden-Württemberg war. Er arbeitet seither Hand in Hand mit seinem Vater. Tochter Bettina ist Fleischerei-Fachverkäuferin. "Wir sind ein reiner Familienbetrieb", sagt die Wirtin. Schwiegertochter Tamara ist im Service.
Der "Hirsch" hat an Werktagen nur von 11 bis 14 Uhr geöffnet. Die typisch schwäbischen Speisen werden vom Chef persönlich zubereitet. Jeden zweiten Sonntag im Monat ist das Gasthaus ganztägig geöffnet. Dann liegt auf dem Tisch eine Speisekarte, in der der Zwiebelrostbraten oder ein Rehbraten nicht fehlen dürfen.