Kräftig den Marsch geblasen
Beim Bottwartal-Marathon sind Läufer und unzählige Helfer auf den Beinen

Beilstein - Sonntagmorgen. Verschlafener Blick aus dem Fenster. Nichts als Grau, soweit das Auge reicht. Die Straße ist trocken, aber hält"s? Dazu acht Grad auf dem Thermometer. Da laufen Frauen und Männer Marathon? Und die vielen Helfer am Rande der Strecke tun auch ihren Job? Oder haben sie sich alle wieder die Bettdecke über den Kopf gezogen? Allein dieser Gedanke beweist abgrundtiefe Unwissenheit. Marathonläufer sind aus anderem Holz geschnitzt.
Durch Beilstein räkelt sich zwischen 11.15 Uhr und 13 Uhr eine schier endlose Schlange von Läuferinnen und Läufern. Warm eingepackt sind sie. Viele vertrauen auf Mütze und Handschuhe, andere brauchen nur kurze Hosen.
Neuland Kurz hinter dem Mineralfreibad erreichen die Läufer Beilsteiner Markung. Vorher sind sie aber schon durch Schmidhausen gerannt. Johannes Huber steht seit 9.30 Uhr am neuen Beilsteiner Kreisel, passt auf, dass kein Auto mehr in die Gartenstraße fährt. Der junge Feuerwehrmann ist zum ersten Mal beim Bottwartal-Marathon dabei und weiß, dass es mittags Verpflegung gibt. Denn bis der letzte Läufer durch ist, das kann dauern.
Die Streckenposten, 70 bis 80 an der Zahl, stellt hauptsächlich der TGV Beilstein. Da der Verein auch eine Gesangsabteilung hat, stehen auch Choristen an der Strecke. Die Aufgabe von Annette Böck, Hella Wischmann und Marion Raff lautet zum Beispiel: Birkenweg absperren, Läufer Richtung Gartenstraße lenken, Absperrmaterial hinterher aufräumen. Auch auf Unbefugte auf der Strecke müssen sie ein Auge haben. Wer meint, auf der schönen leeren Straße seine Radtour absolvieren zu können, wird freundlich, aber bestimmt des Weges verwiesen.
In der Gartenstraße ist richtig was los. Erst tröten die jugendlichen Fußballer des TGV Beilstein enthusiastisch in übrig gebliebene Vuvuzelas, kurze Zeit später erwarten die Läufer christlicher Pop, bunte Luftballonschlangen und aufmunternder Applaus. Alexandra Rauschke von der evangelisch-methodistischen Kirche weiß, wie wichtig Motivation ist: "Vor zwei Jahren bin ich den Halbmarathon mitgelaufen. Wenn alles weh tut, sind Zurufe, Klatschen und Musik unheimlich wichtig."
Darauf dürfen sich die Läufer auch an der Stadthalle freuen. Hier werden sie von schräger Guggenmusik aus Kornwestheim empfangen. "Nur die ganz Harten sind heute dabei", verrät Guggen-Master Guido Vieth. Noch hat die Faschingszeit nicht Hochkonjunktur. Aber 20 sind es doch, die den Läufern auf dem Weg zur Verpflegungsstation am Haus Ahorn kräftig den Marsch blasen und trommeln.
Reines Wasser, isotonische Getränke und halbe Bananen werden vor der Seniorenresidenz gereicht. Die Mannschaft aus verschiedenen Vereinen ist sehr gut eingespielt. Becher und Obst reichen, nachschenken, wegräumen − das machen sie schon viele Jahre. "Die meiste Arbeit ist hinterher das Zusammenlesen der Becher", sagt ein Helfer. Denn die Läufer werfen sie in der Regel einfach auf den Boden.
Rätschen Hopp, hopp, auf geht"s. Auch die Zuschauer am Straßenrand haben Rätschen und Glocken mitgebracht, um die Dauerläufer anzuspornen. Die wissen die Anfeuerung durchaus zu schätzen. Viele recken beide Daumen in die Höhe, spenden selbst Beifall und einige klatschen die Zaungäste sogar ab. Wenn die acht- bis 13-jährigen Fußballer des TGV Beilstein die La-Ola-Welle machen, rennen die Läufer gleich noch mal so flott.