Letzte Ruhe unter dem Birkenhain in Talheim
Blumenwiese, Urnenerdgräber und -wände werden auf dem Friedhof angelegt. Dafür investiert die Gemeinde 162.000 Euro. Die Arbeiten sollen bis Ende Oktober fertig sein.

Bisher gibt es nur die "klassischen" Bestattungen in Wahl- und Reihen- sowie Urnengräbern. Jetzt haben auf dem Talheimer Friedhof die Arbeiten für alternative Formen begonnen: Urnen können dann in einem extra Erdgräberfeld, in der Blumenwiese unterm Birkenhain oder in Wänden beigesetzt werden.
162.000 Euro gibt die Gemeinde für die Umgestaltung aus. Die Kosten werden sich natürlich in der Neukalkulation der Grabnutzungs- und Bestattungsgebühren 2018 niederschlagen, wenn dann auch der Gemeinderat die Tarife für die neuen Angebote festsetzt. Das Besondere: Die Grabpflege kann gleich mit als Dienstleistung erworben werden, so wie es heutzutage Angehörige wünschen.
Eine Art Waldfriedhof
Bürgermeister Rainer Gräßle betont, dass es der bürgerlichen und den kirchlichen Gemeinden wichtig sei, dass Talheimer auch in Talheim bestattet werden und nicht etwa wegen eines fehlenden Angebots auswärts. "Wir holen die Alternativen rein", sagt er. Und weist darauf hin, dass der Birkenhain ein kleines bisschen einem Waldfriedhof ähnele.
Hinter dem Kriegerdenkmal am unteren Friedhofseingang hat der Bagger seine Arbeit bereits verrichtet. Hier ist das Feld für die Urnenerdgräber angelegt mit einem Stichweg und kleinen Plattenbändern.
Bepflanzung folgt
An den drei Grabreihen, so erklärt Planerin Anette Dupper aus Bad Friedrichshall, ist Platz für 70 Urnenerdgräber. Das Pflanzsubstrat ist schon eingebracht, jedes Feld erhält aber noch eine höhere Bepflanzung mit Rosen oder Hortensien, so die Landschaftsarchitektin. Zu den bestehenden Gräbern ist eine Fläche freigelassen, so dass hier noch Erweiterungsmöglichkeiten gegeben sind.
Der Talheimer Friedhof sei eine relativ weitläufige Parkanlage, meint Gräßle. Zu diesem Eindruck tragen auch die großen Birken im Eingangsbereich bei. "Wir arbeiten mit dem Bestand", ist für Dupper klar gewesen, dass dieser Hain bestehen bleibt. Er wird sogar erweitert, so dass das Areal der alternativen Bestattungsformen umschlossen wird. Der Baumbestand sei wunderschön und auch im Winter markant, fügt die Planerin hinzu.
1000 Blumenzwiebeln für Krokuswiese

Deshalb beinhaltet ihr Konzept, mit dem sie sich gegen zwei andere Büros im Talheimer Gemeinderat hat durchsetzen können, auch eine Blumenwiese unter den Birken. Hier sind elf Grabfelder mit jeweils vier Urnenstätten vorgesehen. Im Herbst werden 1000 Zwiebeln gesetzt, so dass im Laufe der Jahre ein violetter Teppich aus Wildkrokussen erblühen wird.
Einheitlich soll die Beschriftung der Grabstellen sein. Dupper hat schon Vorschläge gemacht. Es gibt die Möglichkeit, Buchstaben aufzukleben oder einzufräsen.
"Für unser Büro ist das eine schöne Sache. Man ist in jedem Fall damit verbunden", sagt Dupper dazu, dass ihr Vater Reinhold vor über 45 Jahren den Gemeindefriedhof in Rohräcker geplant hat. Auch mit der Erweiterung Ende der 1990er Jahre war er beauftragt. Deshalb kommt es nicht von ungefähr, dass Anette Dupper als idealen Platz für die Urnenwände den Bereich am oberen Eingang gewählt hat. Hier biete sich die Topographie an, und die Wände würden den Charakter des Friedhofs stärken.
Fränkischer Muschelkalk
Vor der Muschelkalk-Stützmauer wird das Fundament gesetzt für die niedrigere Urnenwand mit 24 Kammern aus Fränkischem Muschelkalk, in der Verlängerung der Mauer für die große mit 48 Kammern, die ebenfalls doppelt belegt werden können. Die Urnenwände erhalten am Fuß Bänder für Blumen. Vor den Urnenwänden ist genügend Fläche für einen Andachtsplatz mit zwei Bänken und eventuell einem Gedenkstein.
Ende Oktober soll die Gartenbau-Firma Andreas Hammel mit allen Arbeiten fertig sein. Die Urnenwände sind dann sofort nutzbar, die anderen Grabstätten, so schätzt Bürgermeister Rainer Gräßle, im Frühjahr oder Sommer 2018, wenn alles eingegrünt sei.
Aktuell und Historisch
Rund 790 Grabstätten auf dem Gemeinderfriedhof sind belegt. Derzeit verfügt die Gemeinde über sechs freie Familiengräber, sechs freie Reihengräber und 15 Urnengräber.
Seit 1970 gibt es den Gemeindefriedhof. Um 1200 entstand der evangelische Friedhof bei der Kilianskirche, 2001 wurde er in einen Park umgewandelt. Der katholische Friedhof wurde 1809 im Park des ehemaligen Lyherschlösschens angelegt, der jüdische Friedhof mit Horkheim und Sontheim 1843. Obwohl stillgelegt, können die evangelische und katholische Kirchengemeinde auf ihren Gottesäckern Beisetzungen noch genehmigen.