Winzer Alexander Heinrich: Zurück zu den Wurzeln
Zunächst lernte Alexander Heinrich Industriemechaniker. Doch dann entschied sich der Sülzbacher in die Fußstapfen seiner Vorfahren zu treten. Heute ist der Winzer und Kellermeister für seine Innovation berühmt und schwärmt vom Arbeiten draußen.

Drei Generationen der Heinrichs posieren für das Foto in der Trollinger-Parzelle am Rauhberg in Obersulm-Sülzbach. Bei strahlendem Sonnenschein ein herrliches Fleckchen Erde. Die Wolfsklinge liegt zu Füßen, gegenüber am Höhenrücken des Altenbergs explodieren ebenfalls die Rebtriebe, liefern ein sattes Grün als Kontrast zu den Dächern Willsbachs im Hintergrund.
Weingutchef Alexander Heinrich schwärmt von seinem Arbeitsplatz. Die Natur reizt ihn. Für den 44-Jährigen ist es spannend, die Veränderungen, den Wechsel im Jahresverlauf zu erleben. "Man ist nie zweimal am gleichen Ort", schildert er seinen Eindruck. Kein Wunder, dass der gelernte Industriemechaniker nach einem Jahr als Geselle die Werkbank verlassen hat und in die Fußstapfen seiner Vorfahren getreten ist - die Weinbautradition der mütterlichen Linie fortsetzt. Von 1777 datiert der erste Aufschrieb über Kauf und Verkauf von Gründstücken durch Johann Andreas Löffler.
Zurück zu den eigenen Wurzeln

Unter den elf Hektar, auf die das Weingut A. Heinrich im Laufe der Jahre angewachsen ist, finden sich zwischen den Lagen "Himmelreich" und "Paradies" Rebflächen, die seit über 250 Jahren in Familienbesitz sind. "Es kommen immer weitere dazu, zum Beispiel am Altenberg", erzählt der Techniker für Weinbau und Önologie. "Das ist schon schön, weil man seine eigenen Wurzeln findet", sagt der zweifache Familienvater. "Wurzeln sind nirgends so wichtig wie im Berufszweig Landwirtschaft."
"Das war eine ganz große Überraschung", kommentiert Alexander Heinrichs Mutter Isolde die Umorientierung ihres Sohnes, die sie natürlich begrüßt hat, schließlich haben ihre Mutter Martha Trender und ihr Onkel die Familienwengert einst "geschafft". Isolde Heinrich ist damit aufgewachsen, mitzuhelfen. "Die Pfähle im Frühjahr her zu schleppen, war die Arbeit der Kinder." Ihr Vater, Wagner Erwin Trender, hat bis auf ein paar Steillagen alle Flächen verkauft.
"In der Heimat sind die Menschen, wie man selbst"

"Wenn man morgens beizeiten draußen ist, sieht man Rehe und Hasen. Wenn die Sonne aufgeht, und der Himmel rot wird - das ist großes Kino", erzählt Alexander Heinrich. Er überlegt. Was ist für ihn Heimat? "Das ist wie Familie, man gehört einfach dazu. Die Menschen sind so, wie man selbst ist, sie verstehen einen." Und wenn man weg gewesen sei und zurückkomme, dann sei Heimat wie eine alte Freundschaft. Er nickt: Für jemanden, der vom Heimatboden lebt, hat der Begriff noch eine stärkere Prägung. "Der Weinbau ist eine Dauerkultur. Alles, was man macht, ist auf Generationen angelegt. Einen neuen Weingarten legt man nicht für sich selbst an, denn die besten Trauben wachsen erst in 30 bis 40 Jahren."

Sohn Noah hört aufmerksam zu. Er bewundert, was sein Vater macht. "Ich helfe auch gerne dabei", sagt er. Will er einmal ins Weingut einsteigen? Mit seinen 13 Jahren legt sich der Blondschopf noch nicht fest. Obwohl: Im Januar hat er seinen Vater zum Weinfestival nach Mumbai begleitet. Das hat dem Sprössling Spaß gemacht, den es schon ein bisschen in die Ferne zieht, wie seine Mutter Silke verrät. Das hat Noah wohl vom Papa. Ein Jahr Praktikum in Südtirol, ein halbes Jahr in Neuseeland, bislang acht Reisen nach Indien zeigen, dass er über den eigenen Wengert hinausschaut. Bevor er Weingutchef geworden ist, hat er schon mal darüber nachgedacht, eines der Angebote im Ausland anzunehmen.
Innovation aus dem Weinfass
Alexander Heinrich gehört zu den jungen Wilden seiner Branche, er gilt als innovativ und experimentierfreudig - ein Riesling aus dem Barrique ist sein Meisterstück gewesen, das mit der die Höchstpunktzahl bewertet worden ist. Aber er legt auch Wert auf Tradition. "Die Alten haben sehr viele Dinge gewusst." Und er hat sich einen Ausspruch seiner Großmutter Martha Trender zu eigen gemacht: "Trenn das Kind, den Wein, nicht zu früh von der Mutter, der Hefe." Und so lässt der Kellermeister seine Weine natürlich gären.

Wer vom Ertrag des Bodens lebt, ist den Einflüssen des Wetters ausgesetzt. Da zürnt der Wengerter natürlich über verheerende Frostschäden wie in diesem Frühjahr. Von 70 Prozent Ausfall geht Heinrich aus. Da heißt es handeln, etwa unbeschädigte Flächen dazu zu pachten. Um dann im Herbst die Belohnung all der Mühen einzufahren. "Die Ernte ist am schönsten, auch wenn sie nicht so romantisch ist, wie erzählt wird", so der 44-Jährige.
Als Wengerter mit großer Leidenschaft bei all der harten Arbeit beschreibt ihn seine Frau Silke, die Berufsschullehrerin in Böckingen ist und als "Lückenstopfer", wie sie selbst sagt, im Betrieb immer wieder zur Stelle ist. "Ich bewundere, wie man den Geschmack von Holz in den Wein kriegt", sagt sie. "Meinem Mann gelingt es, das harmonisch einzugliedern." So wie sie selbst ohne Rezept koche, so mache ihr Mann Wein ohne Rezept. "Das ist das Geheimnis."
Weingut Heinreich
1986 entschloss sich Friedrich Heinrich, Wein in kleinem Stil selbst zu verkaufen, den er mit der Handpresse in der Garage kelterte. Als die Zeit in der Fleischzentrale bei Spar vorbei war, eröffnete der Metzgermeister 1993 mit seiner Frau Isolde eine Weinstube. 1999 gründete das Ehepaar das Weingut, in dem Jahr begann Sohn Alexander an der Weinbautechnikerschule. 2008 übernahm er den Betrieb, nannte ihn in A. Heinrich um und baute Kellereigebäude und Verkaufsraum. Die Jahresproduktion liegt heute zwischen 80 000 und 100 000 Liter.
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