Wie die Polizei Geisterfahrer von der Straße holt
Region - Es war im November des vergangenen Jahres. Ein Falschfahrer reißt bei einem Unfall fünf Menschen in den Tod und stirbt selbst. Der Gedanke an einen entgegenkommenden Fahrer, der im Volksmund auch Geisterfahrer genannt wird, versetzt Verkehrsteilnehmer in Angst und Schrecken.
Region - Es war im November des vergangenen Jahres. Ein Falschfahrer reißt bei einem Unfall fünf Menschen in den Tod und stirbt selbst. Der Gedanke an einen entgegenkommenden Fahrer, der im Volksmund auch Geisterfahrer genannt wird, versetzt Verkehrsteilnehmer in Angst und Schrecken.
"Die Gefahr von Falschfahrern ist ziemlich gering gemessen an den Fahrzeugen, die täglich auf der Autobahn fahren", sagt Jens Brockstedt (59), Leiter der Autobahn- und Verkehrspolizei Heilbronn mit Sitz in Weinsberg. Dennoch: Nach Recherchen der Heilbronner Stimme starben in Deutschland vergangenes Jahr 23 Menschen durch die Folgen eines Falschfahrers. Brockstedt stuft diese Zahl als durchschnittlich ein. "Es wäre wünschenswert, wenn man Falschfahrer durch technische Einrichtungen verhindern könnte."
In Österreich sollen sich große, neongelbe Schilder mit einer schwarzen warnenden Hand und den Wörtern "Stopp", "Falsch" bewährt haben. In Bayern sind die Schilder seit Ende 2010 in Funktion. Baden-Württemberg will nachziehen. Doch mit welchen Mitteln holt die Polizei einen bereits aufgefahrenen Falschfahrer von der Autobahn? "Das ist nicht so ganz einfach", sagt Brockstedt. Auf der Akademie der Polizei in Freiburg werde diese Situation in dreitägigen Seminaren geschult. Zwei Varianten haben sich bewährt (siehe Grafik). Entweder die Polizei erzeugt einen künstlichen Stau und riegelt den Verkehr mittels Streifenwagen nach hinten ab. Oder ein Streifenwagen fährt parallel auf der gegenüberliegenden Seite neben dem Falschfahrer her und bedeutet ihm mittels Handzeichen, eingeschaltetem Martinshoren und Blaulicht, sein Fahrzeug auf dem Grünstreifen abzustellen.
Den viel geforderten Metallkrallen, mit denen bei falsch aufgefahrenen Fahrzeugen die Reifen aufgeritzt werden sollen, steht Brockstedt skeptisch gegenüber. "Bei schwersten Verkehrsunfällen und wenn die Autobahn komplett blockiert ist, müssen auch Rettungskräfte verkehrt auf die Autobahn auffahren." Darüber hinaus müsse gewährleistet werden, dass die aufgeschlitzten Reifen auch sofort zum Stillstand des Fahrzeugs führen. "Sonst fährt der Falschfahrer schleudernd auf die Autobahn."
In Brockstedts Verantwortungsbereich der beiden Autobahnen A 6 und A 81 in der Region seien im vergangenen Jahr acht Falschfahrer gemeldet worden. "Gemeldet. Was nicht bedeutet, dass es auch acht Falschfahrer waren." Tatsächlich haben die Beamten der Polizei einen Verkehrsteilnehmer feststellen können. Passiert sei glücklicherweise nichts.
Die Strafen für einen Falschfahrer fallen verhältnismäßig gering aus. "Es passiert gar nicht so viel", sagt Brockstedt. Es sei zunächst mal "nur" ein falsches Einfahren. So lange keine konkrete Straftat nachgewiesen werden könne, handle es sich um eine Ordnungswidrigkeit.
Mit einem gewissen Gefährdungsgrad müsse im Straßenverkehr gerechnet werden. "Das Rundum-Sorglos-Paket für die Straße gibt es nicht", sagt Brockstedt. In den vergangenen Jahren sei keiner seiner Mitarbeiter durch einen Falschfahrer zu Schaden gekommen. Der letzte Zwischenfall in Brockstedts Verantwortungsbereich liegt mehr als 20 Jahre zurück. Zwei Kollegen wurden dabei schwer verletzt.
Tote durch Falschfahrer
23.3.2012 Chemnitz: Eine 82 Jahre alte Frau kracht in drei Fahrzeugen und stirbt.
13.4. Eine 43-Jährige rast bei Hannover in einen Volvo. Die Frau stirbt.
4.8. Ein Geisterfahrer wird bei Freiburg aus seinem Auto geschleudert und stirbt .
2.10. Eine 31 Jahre alte Frau, ihre beiden Töchter und zwei weitere Menschen sterben bei Hirschaid.
16.10. Eine 60 Jahre alte Frau rast bei Trier in ein Auto. Zwei Kinder und deren Vater kommen ums Leben.
21.10. Ein Falschfahrer und vier weitere Menschen sterben bei Meschede.
18.11. Offenburg: Ein Falschfahrer und fünf Insassen eines Kleinbusses sterben
29.11. Bei Herford stirbt ein 81-Jähriger bei einem Frontalzusammenstoß. jükü
