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Warten auf den Wolf

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Der letzte Wolf in Württemberg hat im Jahr 1847 im Naturpark Stromberg-Heuchelberg sein Leben gelassen. Während in anderen Bundesländern die Wölfe wieder Fuß fassen, ist in Baden-Württemberg bis heute keines dieser Raubtiere gesehen worden. Das könnte sich aber ändern.

Von unserem Redakteur Reto Bosch

Der naturschutzpolitische Sprecher der Grünen, Dr. Markus Rösler, hält es für möglich, dass gerade im Stromberg Wölfe wieder heimisch werden. Gottfried May-Stürmer, Geschäftsführer des BUND-Regionalverbands Heilbronn-Franken, tippt dagegen eher auf den Schwäbisch-Fränkischen-Wald. "Dass der Wolf irgendwann in die Region kommt, ist wahrscheinlich", sagte der Diplom-Biologe der Stimme.

Anfrage

Der Wolf sei vielleicht schon im Lande − nur unentdeckt, glaubt Rösler. Der Erstnachweis für einen Wolf in Baden-Württemberg könne praktisch im ganzen Land stattfinden, das sei dem Zufall geschuldet. Der Landtagsabgeordnete hat per parlamentarischer Anfrage vom Ministerium für den Ländlichen Raum (MLR) Informationen eingeholt. Sein Schluss: Wolfspaare oder gar Rudel erwartet Rösler am ehesten auf den ehemaligen oder bestehenden Truppenübungsplätzen auf der Schwäbischen Alb oder dort, wo die letzten Wölfe geschossen wurden − also im Gebiet von Stromberg-Heuchelberg oder im Odenwald. Gottfried May-Stürmer hat ein anderes Areal im Auge: den Schwäbisch-Fränkischen Wald zwischen Bühlertann und Gaildorf. In diesem Bereich gebe es große, nicht zerschnittene Waldgebiete. Vorhersagen seien aber nicht möglich. "Das wäre Kaffeesatzleserei."

Nach Informationen des Bundesamtes für Naturschutz leben die nächsten, sich fortpflanzenden Wolfsrudel in der Schweiz (etwa 20 Tiere) und in den Vogesen (ein Rudel mit vier Wölfen plus einige Einzeltiere). In Bayern und Hessen seien Einzeltiere nachgewiesen worden. Stand Frühjahr 2013 liegen in Deutschland Nachweise vor für 18 Rudel, sieben Paare, vier standorttreue Einzelwölfe. Schwerpunkte sind Brandenburg und Sachsen.

Wie sind die Erfahrungen in diesen Gebieten? "Seit der Rückkehr der Wölfe nach Deutschland gibt es keinen bekannten Fall von Übergriffen eines Wolfes auf Menschen", erklärt das MLR. Grundsätzlich seien Wolfsangriffe auf Menschen in Europa äußerst selten, da der Mensch nicht zum Beutespektrum von Wölfen zähle. Es kommt allerdings vor, dass Wölfe Nutztiere reißen, zum Beispiel Schafe. Das Senckenbergmuseum für Naturkunde hat hat mehr als 4000 Kotproben von Wölfen aus der Lausitz untersucht. Danach besteht die Wolfsnahrung dort zu 52,6 Prozent aus Rehen, zu 21,3 Prozent aus Rothirschen und zu 18,3 Prozent aus Wildschweinen. Auf andere Regionen lassen sich diese Ergebnisse allerdings nicht übertragen, da die Nahrungszusammensetzung von vielen Faktoren beeinflusst wird. Für Gottfried May-Stürmer ist klar, dass das Nahrungsangebot in der Region Heilbronn-Franken ausreichen würde. "Es gibt einen großen Rehwildbestand. So mancher Förster würde sich über dezimierte Wildbestände freuen", meint der Geschäftsführer.

Akzeptanz

Wie groß die Freude unter der Bevölkerung wäre, ist unklar. Einer Studie des Bundesamts für Naturschutz zufolge würden es 44 Prozent der Bürger begrüßen, wenn sich Wölfe in Deutschland ausbreiten würden. 41 Prozent fänden dies nicht gut. Zum Vergleich: Eine Ausbreitung des Luchses halten 64 Prozent der Befragten für positiv. "Wichtig ist deshalb, Akzeptanz zu schaffen", sagt Gottfried May-Stürmer. Durch Information, durch Aufklärung.

Der Nabu beschäftigt zum Beispiel Experten, hat im Internet unter www.willkommen-wolf.de viele Argumente gesammelt. Diese zeigen: Die Realität hat mit den schon in Märchen gezeichneten Schreckensszenarien nichts zu tun. Und: In vielen Bundesländern − darunter Baden-Württemberg − gibt es Ausgleichszahlungen für Landwirte, wenn ihre Tiere Wölfen zum Opfer fallen. Mehrere Naturschutzverbände, der Landesjagdverband und der Ökologische Jagdverein haben eine "Trägergemeinschaft Ausgleichsfonds Wolf" gegründet. Dieser Fonds wird mit 10.000 Euro ausgestattet, sobald die Anwesenheit des Wolfs im Land festgestellt wird. Darüber würde sich nicht nur Markus Rösler freuen. Für ihn steht fest: "Die Nachbarschaft von Wolf und Mensch ist sehr gut möglich und wird in vielen europäischen Nachbarstaaten vorgelebt."

 

Hilfestellung

Was ist zu tun, um dem Wolf das Leben im Land schmackhaft zu machen? „Ihn in Ruhe lassen“, meint Gottfried May-Stürmer. Den Tieren dürfe nicht nachgestellt werden. Der Wolf sei flexibel genug, sich an die Lebensräume anzupassen. Der Nabu weist darauf hin, dass viele Wölfe zu Verkehrsopfern werden. Der Erhalt unzerschnittener Lebensräume sei deshalb wichtig. Um auf die Rückkehr der Wölfe vorbereitet zu sein, hat Baden-Württemberg einen Managementplan mit Handlungsleitfaden erarbeitet (www.mlr.baden-wuerttemberg.de). red

 

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