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"Tierwelt im Fluss wird sich für längere Zeit verändern"

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Naturschutzverbände warnen, dass die Regeneration der Tierwelt in der Jagst Jahre dauern wird. Der Gewässerökologe Dr. Stefan Werner aus Konstanz erklärt, mit welchen Konsequenzen nun zu rechnen ist.

Fischsterben in der Jagst. Foto:
Fischsterben in der Jagst. Foto:  Foto: Martin Bauer

Naturschutzverbände warnen, dass die Regeneration der Tierwelt in der Jagst Jahre dauern wird. Unser Redakteur Christian Gleichauf hat beim Gewässerökologen Dr. Stefan Werner in Konstanz nachgefragt, mit welchen Konsequenzen nun zu rechnen ist und welche Erfahrungen man bei vergleichbaren Katastrophen andernorts gemacht hat.

Herr Werner, tonnenweise tote Fische werden derzeit aus der Jagst gezogen. Eine Katastrophe mit langfristiger Wirkung?

Stefan Werner: Nicht unbedingt. Wir hatten vor zwei Jahren in der Schweiz eine Stausee-Katastrophe am Fluss Spöl. Dort schien die Tierwelt auch auf längeren Abschnitten ausgelöscht. Tatsächlich hatte ein kleiner, aber wichtiger Anteil überlebt und die Regeneration fand somit viel schneller als erwartet statt. Die Fische sind sogar innerhalb eines Jahres wieder flussaufwärts gewandert. Durch den Stausee konnten sie nicht von oben nach unten wandern.

Was aber, wenn der Bestand komplett vernichtet wurde?

Werner: Das wäre sicher eine andere Situation. Hierzu fehlen aber aktuell die Erkenntnisse.

Umweltschützer warnen, es könnte Jahre dauern, bis sich die Tierwelt erholt hat. Was bedeutet das?

Werner: Man muss unterscheiden zwischen den Fischen und den kleinen, wirbellosen Tiere am Flussgrund, den sogenannten Makroinvertebraten. Diese kleinen Krebstierchen, Insektenlarven, Würmer und Schnecken werden in der Regel zügig wieder vom oberen Flusslauf eingeschwemmt. Manche Käfer und fliegende Insekten sind ja derzeit auch außerhalb des Wassers unterwegs und können dann wieder neue Eier ablegen.

Und die Fische?

Werner: Da geht es nicht ganz so schnell, aber innerhalb eines Jahres kann viel passieren. Vor allem die häufigen Arten siedeln sich wieder an. Problematischer ist es mit den Arten, die kritische Bestände hatten. Die Zusammensetzung der Tierwelt im Fluss wird sich durch so einen Vorfall wohl für längere Zeit verändern.

Zur Person

Dr. Stefan Werner (39) ist Biologe und Mitarbeiter am Hydra-Institut für angewandte Hydrobiologie in Konstanz. Er begleitete unter anderem auch die Untersuchungen nach der Stausee-Katastrophe am Fluss Spöl im Schweizer Nationalpark.

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