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Winzer besinnen sich auf ihre Wurzeln

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Region - 100 Jahre Prädikatsweingüter: Cuvée aus altem Adel und jungen Wilden

Von Kilian Krauth
Historische Weinberge mit regionaltypischen Sorten halten die Prädikatsweingüter hoch. Mit dem Begriff "Großes Gewächs" werden Weine aus solchen Lagen auf dem Etikett inzwischen besonders gekennzeichnet.Foto: DWl
Historische Weinberge mit regionaltypischen Sorten halten die Prädikatsweingüter hoch. Mit dem Begriff "Großes Gewächs" werden Weine aus solchen Lagen auf dem Etikett inzwischen besonders gekennzeichnet.Foto: DWl

Region - Über Burg Schaubeck bei Kleinbottwar haben Falken die Lufthoheit. Das Pfauenpaar Anton und Amalie bleibt lieber am Boden. Anton schlägt sogar ein Rad: zwischen Rosen und Riesling. Die Festgäste sind entzückt. Mancher bückt sich nach einer Feder. Andere tänzeln im Rhythmus von Sambaklängen. 800 Menschen bevölkern am Freitagabend den Park von Schaubeck. Der Verband Deutscher Prädikatsweingüter, kurz VDP, Sektion Württemberg, gibt sich die Ehre. Das "Flaggschiff des deutschen Weinbaus" wird 100.

"Alles führt bei uns eine friedliche Koexistenz", gibt Hausherr Michael Graf Adelmann bei seiner Cuvée namens Löwe von Schaubeck lächelnd zu verstehen. Gert Aldinger sieht es ähnlich. "Deutscher Wein ist in. Wir sind richtig gut drauf, auch die Jugend zieht toll mit," sagt der VDP-Vorsitzende betont salopp. Er deutet auf Markus Drautz aus Heilbronn und Felix Ellwanger aus Winterbach, die im Organisationsteam das Jubiläumsfest auf die Beine stellten. Etliche Nachwuchswinzer übernehmen in ihren Familiengütern derzeit das Ruder. Alle müssen sich regelmäßig internen Prüfungen unterziehen: junge Wilde wie alter Adel. Manches Gut ging schon über Bord. Neumitglieder werden selten berufen, zuletzt Rainer Wachtstetter aus Pfaffenhofen. 2011, so wird gemunkelt, sollen ein junger Nordwürttemberger und ein Remstaler folgen.

Tradition

In Württemberg wurde der VDP-Regionalverband erst 1975 gegründet. Vorläufer war die 1959 vom Grafen Neipperg gegründete "Arbeitsgemeinschaft der Weingüter Württemberg-Baden". Weil zunächst Adlige wie etwa der legendäre Raban Graf Adelmann den Ton angaben, sprechen Frotzler gerne von den "Blaublütigen". Bundesweit gehören heute 196 von 25 000 Weingütern zum VDP. Sie erzeugen 2,5 Prozent der deutschen Weinmenge. Auf vier Prozent der gesamtdeutschen Rebfläche erwirtschaften die Prädikatsgüter jedoch zwölf Prozent des deutschen Weinumsatzes. Kein Wunder: Im Bundesdurchschnitt kostet eine Flasche mit dem Traubenadler 9,60 Euro, erste Lagen sogar 23,47 Euro.

Mit Kunstlicht feierten die Franken in der Lage Würzburger Stein das Jubiläum. Die Württemberger bestückten am Freitag einen Weinberg bei Kleinbottwar mit Fackeln.
Mit Kunstlicht feierten die Franken in der Lage Würzburger Stein das Jubiläum. Die Württemberger bestückten am Freitag einen Weinberg bei Kleinbottwar mit Fackeln.

Angesichts des Aufwandes, den die Weingüter betreiben, hält Dr. Gerhard Götz (Obersulm) das hohe Preisniveau für "absolut gerechtfertigt". Der Mentor des Württemberger Weinbaus würdigt das Qualitätsstreben und die Innovationsfreude der Gruppe. "Pioniere wie Adelmann und Aldinger haben viel angestoßen" und seien in vielerlei Hinsicht Vorbilder: auch für Genossenschaften. "Geradezu sensationell" nennt Gault-Millau-Autor Frank Kämmer "was sich in Württemberg in den letzten 20 Jahren getan hat". Manche Schwaben hätten vor allem beim Rotwein zur deutschen Elite aufgeschlossen. International seien sie freilich noch ein unbeschriebenes Blatt. Kämmer stoßen aber die "mittlerweile oft viel zu hohen Alkoholwerte" auf. Der legendäre Gourmetkritiker Wolfram Siebeck kann dies bestätigen. Nicht nur die Weine, jedes Mitglied stellt vier, sorgen für viel Gesprächsstoff.

Illumination

Die Gästeliste ist gespickt mit Prominenz. Von Weinbaupräsident Hermann Hohl bis zur Herzogin von Württemberg. Ex-Ministerpräsident Günther Oettinger wollte "gegen später" vorbeischauen. Höhepunkt des Abends sollte eine Jubiläums-Illumination durch hunderte Fackeln sein: in der Lage mit dem schönen Namen Süßmund.

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