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Tausende bejubeln Umzug zum Käsritt

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Leingarten - Fünf Tage lang feiert die Gemeinde Leingarten den alten Brauch des Käsritts. Am Sonntag strömen zig Tausend Menschen ins Zentrum der Leintalgemeinde. Auf rund zwei Kilometern säumen sie die Straßen, um den Festumzug zum Käsritt zu bejubeln. Über 20 Motivwagen und 15 Fußgruppen verschreiben sich dem Motto „Theater der Welt - Theater der Region“.

Von Wolfgang Müller










 



Leingarten - Fünf Tage lang feiert die Gemeinde Leingarten den alten Brauch des Käsritts. Am Sonntag strömen zig Tausend Menschen ins Zentrum der Leintalgemeinde. Auf rund zwei Kilometern säumen sie die Straßen, um den Festumzug zum Käsritt zu bejubeln. Über 20 Motivwagen und 15 Fußgruppen verschreiben sich dem Motto „Theater der Welt - Theater der Region“.

Die Frauen des himmlischen Chors bringen den Film „Sister Act“ ins Leintal und sorgen für schwungvolle Rhythmen.Fotos: Dittmar Dirks
Die Frauen des himmlischen Chors bringen den Film „Sister Act“ ins Leintal und sorgen für schwungvolle Rhythmen.Fotos: Dittmar Dirks
Punkt 13 Uhr fällt die Absperrung in der Karlsruher Straße. Der Gaudiwurm setzt sich Richtung Ortsmitte in Marsch. Farbenprächtige Kostüme, phantasievolle Wagen und szenische Darstellungen aus der Welt des Theaters begeistern die Zuschauer. Der Wettergott meint es gut. Strahlender Sonnenschein setzt den Umzug ins rechte Licht. „Toll, was sich die Leute hier einfallen lassen. Ein Wagen ist schöner als der andere“, findet Margarete Kühnel aus Neckarsulm. Gemeinsam mit ihrem Mann Dieter hat sie sich bereits vor drei Jahren den Umzug zum Käsritt angeschaut. „Wir waren so beeindruckt, dass wir wieder gekommen sind.“

Weggeblasen

Heike Rienth wird das gerne hören. Anderthalb Jahre lang hat die Leingartenerin den alle drei Jahre stattfindenden Käsritt organisiert. „Manchmal denkt man ja schon, dass alles aus dem Ruder läuft“, sagt die 40-Jährige. Aber kurz vor dem Umzug ist alle Nervosität wie weggeblasen. Genießen kann sie ihn nicht. Denn während die Wagen durch die Straßen rollen, ist sie schon auf dem Weg zu den Reitern, die nach dem Umzug den Käsrittsieger untereinander ausmachen.

Auch Märchen kommen nicht zu kurz. Der Räuber Hotzenplotz sorgt nur vordergründig für Angst und Schrecken.
Auch Märchen kommen nicht zu kurz. Der Räuber Hotzenplotz sorgt nur vordergründig für Angst und Schrecken.
Derweil eilt Bürgermeister Ralf Steinbrenner zu den Ehrengästen. Neben Wahlkämpfern aus der Politik und lokalen Größen begrüßt das Gemeindeoberhaupt auch die Delegationen aus den französischen und italienischen Partnerstädten Lésigny und Asola. Für ihn steht fest: „Unser Festumzug sucht in dieser Größe seinesgleichen. Jeder, der an so einem Tag sagt, dass er nicht nervös ist, schwindelt“, so Steinbrenner.

Tatsächlich sind die Motivwagen bis ins Detail liebevoll ausgetüftelt. So mancher Karnevalsverein könnte sich daran ein Beispiel nehmen. Dass das Motto rund ums Theater detailgetreu umgesetzt wird, liegt auch daran, dass die Leingartener Vereine erstmals mit regionalen Theaterbühnen kooperieren. Von der „Dreigroschenoper“ über „Harry Potter“ und „Robinson Crusoe“ bis „Glenn Miller“ und „Der Schuh des Manitou“: Hunderte Darsteller geben auf, vor und hinter den Wagen ihr Bestes. Die Frauen im Nonnenkostüm schmettern Lieder aus „Sister Act“ und zeigen augenzwinkernd ihre rot-leuchtenden Strumpfbänder unter ihren Oberkleidern.

Mister Germany

Von wegen einsame Insel: Robinson Crusoe und sein Gefährte Freitag grüßen die Menge.
Von wegen einsame Insel: Robinson Crusoe und sein Gefährte Freitag grüßen die Menge.
Mit dem Trojanischen Pferd ist auch die Antike vertreten. Den Helden Achilles spielt Mister Germany persönlich. So tritt Dirk Schlemmer in die Fußstapfen von Brad Pitt. „Der hat das sicher besser gespielt“, gibt der 25-Jährige zu. „Aber es macht riesigen Spaß, hier dabei zu sein“, sagt der prominente Leingartener. Allein der Schild macht ihm zu schaffen. „Der ist auf Dauer ganz schön schwer.“


Geschichte des Umzugs

Geburtshelfer für den Jahrhunderte alten Brauch Käsritt in Leingarten ist ein Streit um das Weiderecht der Großgartacher auf dem benachbarten Hipfelhof. Dieses Recht wurde aufgegeben. Im Gegenzug durften die Großgartacher jedes Jahr zwei Laib Käse abholen. Daraus wurde schnell ein Wettbewerb. Junge Männer ritten am Pfingstmontag um die Wette zum Hipfelhof und holten den Käse ab. Zuhause wurden sie von den Mädchen des Orts empfangen. Das ganze Volk zog dann durch das Dorf, um den Käse im Festschmaus zu verzehren. 1835 schlief der Brauch ein. Seit 1950 ist er zu neuem Leben erweckt. Jetzt feiert Leingarten alle drei Jahre den Käsritt mit Festumzug.

 

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