Stell' dir vor, es ist Buga und keiner geht hin
Heilbronn - Vielen ist noch gar nicht bewusst, wie die Bundesgartenschau Heilbronn verändern wird. Der Funke scheint noch nicht übergesprungen zu sein. Stimme-Redakteur Kilian Krauth kommentiert die einmalige Chance für die Stadtentwicklung.
Vielen ist noch gar nicht bewusst, wie die Bundesgartenschau Heilbronn verändern wird. Der Funke scheint noch nicht übergesprungen zu sein. Stimme-Redakteur Kilian Krauth kommentiert die einmalige Chance für die Stadtentwicklung.
Gartenschau als Stadtreparatur
Von Kilian Krauth
Heilbronn - Pläne erschließen sich nicht auf den ersten Blick. Computerbilder eher. Schwierig ist es, das Geplante in Worte zu fassen: erst recht, wenn es sich nicht nur um ein Gebäude oder um einen Garten handelt, sondern um eine Bundesgartenschau − aus der auch noch ein neuer Stadtteil erwachsen soll. Der Gewinner des Wettbewerbs zur Freiraumplanung der Buga 2019 in Heilbronn, AW Faust vom Berliner Büro Sinai, hütet sich vor Poesie. Schließlich sei die Ausgangssituation alles andere als ein Gedicht.
Feine Nadel
"Wir bewegen uns leider auf keiner schönen Wiese", weiß Faust, sondern in einer "fragmentierten Stadt- und Flusslandschaft, die wir in einem neuen Zusammenhang interpretieren und reparieren: mit feiner Nadel, ohne Zauberstab". Spannungen seien durchaus gewünscht: zwischen Industrie und Idyll. Vor der Inszenierung einer heilen Welt hält er nichts, modische Formen seien tabu: im Bewusstsein, dass die Planungen noch 2019 Bestand haben müssen − und vielleicht für ein ganz neues Verständnis von Landschaftsgestaltung stehen.
Durch die Vielfalt unterschiedlicher Kulissen sollen Besucher und Aussteller eine abwechslungsreiche Folge von Szenerien und Stimmungen erleben. Faust: "Nicht eine dominierende Handschrift prägt die Schau, sondern auf sich selbst konzentrierte, authentische Teilräume." Vier Zonen mit unterschiedlichen Atmosphären und Möglichkeiten werden miteinander und mit der Stadt auf vielfältige Weise verflochten. So zeigen etwa die Ufer des Altneckars und der Hafenbecken "in ihrer präzisen Ausbildung eine hohe Qualität", schreibt die Jury in ihrer Würdigung.
Überzeugend sei auch die Entwicklung langer Linien vom neuen Stadtteil in die umgebende Landschaft. Hierbei werden vorhandenen Strukturen, aber auch ökologische Ausgleichsflächen integriert. "Die neuen Wasserlandschaften präsentieren sich in gut austarierten Kontrasten" von Gebautem und Natürlichem, heißt es weiter. Das Raster der Baufelder für den späteren Stadtteil Neckarbogen nutzt Sinai als Gärten, die sich je nach Bedarf und Thema flexibel gestalten lassen. Gut gelungen seien auch "besondere Orte" wie etwa Wassertreppen.
Ein aufgeschütteter Reliefpark bringt Gestaltung, Hochwasser- und Lärmschutz unter einen Hut. Neu entstehende Plateaus bieten schöne Aussichten, aber auch großzügige Aufenthalts- und Spielangebote. Gleichzeitig bilden sie klar gegliederte Sport- und Freizeitflächen. Der von der Kranenstraße befreite Neckarpark stellt über Terrassen einen ruhigen Freiraum direkt am Altneckar her. Insgesamt überzeuge auch die klare Wegeführung.
Flexibel
Weniger gelungen sei der Bereich Böckingen. Doch Sinais flexibles Grundkonzept lässt laut Jury die Integration anderer Planer zu. Für die "Neue Mitte" könnte das Büro bbz aus Berlin zum Zuge kommen: Vom Hauptbahnhof lässt es ein Gleis zum Eisenbahnmuseum abzweigen. Nördlich davon ist Platz für neue Gebäude, südlich für einen Park mit Wäldchen, wo es weiter zu den Kleingärten geht. Das Büro RMP Stephan Lenzen aus Bonn, das auch die Landesgartenschau 2016 in Öhringen plant, bringt den Rückbau der Theresienwiese ins Spiel.
Hintergrund: Gesamtkosten sind noch offen
Was die Buga 2019 und der daraus erwachsende Stadtteil Neckarbogen kosten, steht noch nicht endgültig fest. Für die eigentliche Gartenschau-Veranstaltung rechnet die Stadt mit 18 Millionen Euro. Investitionen in Daueranlagen sind auf 52 Millionen beziffert.
Die Infrastruktur im Neckarbogen dürfte voraussichtlich 138 Millionen Euro kosten, heißt es im Rathaus. Abzüglich der erhofften Zuschüsse müsste die Stadt hierfür 113 Millionen aufbringen.
Die weitere Aufschlüsselung ist kompliziert: Bisher wurden für den Grunderwerb 17 Millionen Euro in die Hand genommen, weil es Zuschüsse gab, musste die Stadt dafür nur zwölf Millionen Euro beisteuern. Nach 2019 müssen nochmals 18 Millionen Euro investiert werden, durch Grundstücksverkäufe soll sich allerdings ein Plus von drei Millionen Euro ergeben.
In der Summe stehen für den Neckarbogen Ausgaben von 174 Millionen Euro Einnahmen von 52 Millionen Euro gegenüber.
Ausstellung und Infoabend am Donnerstag
Die Pläne zur Buga sind noch bis 5. Juni im DP-12-Gebäude an der Bahnhofstraße 12 zu sehen. Buga-Logos auf dem Gehsteig weisen den Weg. Die Ausstellung zeigt neben den Preisträgern auch andere Entwürfe der ersten und zweiten Wettbewerbsphase. "Aufgrund der Anzahl und der Größe der Pläne sind wir in diese für Heilbronn noch neue Location ausgewichen, für die auch die gute Verkehrsanbindung und die Nähe zum künftigen Buga-Gelände spricht", so Buga-Geschäftsführer Friedrich Wagner.
Die Bürgerbeteiligung wird mit einem sogenannten "Bürgerspiegel" am Donnerstag, 26. Mai, ab 18.30 Uhr, in den DP-12-Räumlichkeiten fortgesetzt. Diese Veranstaltung beginnt mit einer Einführungdurch Baubürgermeister Wilfried Hajek und der Erläuterung des Wettbewerbsverfahrens. Nach der Vorstellung der Wettbewerbsergebnisse haben interessierte Teilnehmer die Möglichkeit, die Qualitäten der prämierten Wettbewerbsarbeiten aus ihrer Sicht aufzuzeigen.
Die Ausstellung ist von Montag bis Freitag in der Zeit von 15 bis 21 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 10 bis 19 Uhr geöffnet. An den Wochenenden können sich Interessierte jeweils um 14 Uhr zu einer Fachführung durch die Ausstellung einfinden. Die Besucher erwarten neben den 140 Planmetern Wettbewerbsentwürfe auch Einblicke in die Entwicklung des Großprojektes Bundesgartenschau Heilbronn 2019 sowie Informationen zu den aktuellen Gartenschauen in Koblenz 2011 und Hamburg 2013, das obendrein in attraktiven Filmbildern in einer eingerichteten Videozone. kra/red

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