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Nach Blitzschlag: 46-Jähriger aus Klinik entlassen

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Widdern - Der Widderner Stadtrat Uwe Bergdolt, der vor sechs Tagen im freien Feld vom Blitz getroffen wurde, ist nach seinem Krankenhausaufenthalt wieder zu Hause. Brandwunden hat er noch am ganzen Körper.

Von Carsten Friese
 

Widdern - Die stummen Zeugnisse des Blitzeinschlags in seinen Körper hat er noch. Die zerfetzte Jogginghose mit den Brandspuren, die rote Jacke mit dem fußballgroßen Loch und der rechte Joggingschuh mit dem eigroßen Riss an der Stelle, wo der Blitz aus seinem Körper ausgetreten ist, liegen bei Uwe Bergdolt im Wohnzimmer auf dem Boden. "Dass man das überlebt", sagt der 46-jährige Widderner leise, dass der Körper "so einen Einschlag abwehren kann...".

Seit Montag ist Bergdolt zu Hause, nachdem er sechs Tage in der Möckmühler Klinik auf der Intensivstation lag. Am 11. Mai, kurz vor 19.30 Uhr, hat er ein zweites Leben begonnen. Das nach dem Blitz, der ihn traf, als er mit seiner Frau in den Feldern bei Unterkessach spazieren ging.

Seine Augen sind wach, seine Sprache ist klar, sein Gang schleppend. Größere Brandwunden in der Leistengegend, die mit dicken Kompressen überdeckt sind, schmerzen; kleinere Brandwunden an Brust, Beinen und Füßen jucken.

Beine wie gelähmt

Der Moment, als es passierte, hat sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Rund einen Kilometer waren sie von ihrem Haus entfernt, als der Gewitterregen stärker wurde. Bergdolt, Stadtrat und stellvertretender Bürgermeister in Widdern, spannt seinen Schirm auf. Die Blitze seien "weiter weg" gewesen. Plötzlich gibt es einen "Wahnsinnsknall", als ob zehn Kanonenschläge auf einmal gezündet werden. Im Umkreis von fünf Metern sei es wahnsinnig hell gewesen, Funken hätten auf dem Asphalt wie Silvesterfontänen gesprüht. Den Schirm schlägt es ihm aus der Hand, seine Beine sacken weg, er fällt um und kann die Beine nicht mehr bewegen. Sein erster Gedanke: Es ist vorbei. Durch Herumwälzen seines Oberkörpers und mit Hilfe seiner Frau Erika können sie die kleinen Schmorflammen an seinem Jogginganzug ausdrücken.

Zeichen
 
Was tun? Seine Frau rennt durchs Gewitter in den Ort, schickt einen zufällig vorbeikommenden Autofahrer zu ihrem Mann ans Rapsfeld und alarmiert mit Hilfe von Nachbarn die Rettungskräfte. Der Unbekannte zieht den Verletzten auf den Beifahrersitz seines Fiesta, alarmierte Ersthelfer prüfen Herzfrequenz und Puls. Später, im Rettungswagen, bekommt er eine Infusion mit Schmerzmitteln. Die Nacht in der Klinik liegt er wach. Immer wieder schießen ihm die Szenen vom Feldweg durch den Kopf. Als er die Beine plötzlich wieder bewegen kann, ist es für ihn ein Zeichen, "dass ich mit einem blauen Auge davonkomme".

Er weiß, dass er Riesenglück hatte. Die Ärzte sagten ihm, dass etwa 50 Prozent der Blitzopfer nicht überleben. Hätte er den Schirm in der linken Hand gehabt, wäre der Blitz über die Herzseite des Körpers gewandert. "Ich denke schon, dass es Schutzengel gibt", sinniert der zweifache Vater. Wenn es wieder blitzt, wird er Angst haben, dies sei vorprogrammiert. In Zukunft wird er vorsichtiger an Dinge herangehen, zum Beispiel beim Holzfällen im Wald. Ob das Aufspannen des Schirms angesichts der Blitze ein Fehler war, weiß er nicht. Sein Hausarzt meinte, ohne den Schirm hätte ihn der Blitz auch direkt am Kopf treffen können.

Wundbehandlung
 
Zwei Wochen ist Uwe Bergdolt zunächst krank geschrieben. "Blitzschlag, Verbrennungen 2. und 3. Grades" steht auf dem Krankenschein, den der technische Entwickler bei Audi vom Arzt bekommen hat. Worauf er sich jetzt zu Hause freut? Bergdolts Hobby ist der Garten. "Ich will einen Steg über den Teich bauen", sagt er. Die nächsten Tage muss er aber weiterhin zur ambulanten Behandlung der Wunden ins Krankenhaus.

Hintergrund: Anderer Fall in der Region

Im Mai 2005 wurde ein Ilsfelder auf einem Feldweg von einem Blitz getroffen. Der 38-Jährige lag eine Woche im Koma. Ein Viertel seiner Haut war verbrannt. Vier Operationen waren nötig, um gesunde Haut zu verpflanzen. Nach intensiven Bewegungstherapien konnte er wieder mit Krücken gehen. Brennende Schmerzen blieben, „wie wenn Strom drübergeht“, sagte er ein Jahr nach dem Unfall im Interview. cf

 
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