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In Wankels Werkstatt Tüftlergeist inhaliert

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Jagsthausen - Das filigrane Produkt ist höchstens einen Millimeter breit. Ein kleines Stück Metall, aus Messing oder Bronze, von dem Erfinder Hartmuth Thaler stolz sagt: "Jeder Mensch auf der Welt benutzt drei meiner Kontakte."

Von Carsten Friese
Winzige Kontakte: Hartmuth Thaler mit seinem Weltpatent.Foto: Carsten Friese
Winzige Kontakte: Hartmuth Thaler mit seinem Weltpatent.Foto: Carsten Friese

Jagsthausen - Das filigrane Produkt ist höchstens einen Millimeter breit. Ein kleines Stück Metall, aus Messing oder Bronze, von dem Erfinder Hartmuth Thaler stolz sagt: "Jeder Mensch auf der Welt benutzt drei meiner Kontakte."

Rein rechnerisch. 20 Milliarden dieser Metallkontakte für Schaltungsplatten in Computern, Telefonen und Elektrogeräten wurden weltweit hergestellt, berichtet Thaler. 1981 kam dem Ingenieur der Geistesblitz, er malte eine Skizze auf einen Bierdeckel. Der Clou seiner besonderen Form: Der Kontakt kann ohne Löten in die Schaltplatten eingepresst werden. Eine japanische Firma kaufte sein Patent für 100 000 Dollar. Zig Tonnen Lötzinn und giftige Lötmittel sowie "einige Millionen Kilowattstunden Energie fürs Löten sind seitdem eingespart worden", vergleicht der 73-Jährige. Zwölf Lizenznehmer sicherten sich die Rechte − eine erstaunliche Bilanz für ein winziges Stück Metall.

In den Mül

l Mit Leib und Seele ist der Jagsthausener Erfinder, der einst in der Werkstatt des berühmten Konstrukteurs Felix Wankel im NSU-Werk half, den Wankelmotor zu testen. "Er war quasi mein Doktorvater", sagt Thaler. 100 Patente hat er bis heute angemeldet; die meisten warf er nach drei Monaten in den Müll. "Sie bringen kein Geld."

Beim Kochen, beim Fliegen, nach einem Fernsehbericht oder nachts im Bett kommen ihm die Ideen. Manchmal steht er auf und sagt, "ich hab" gerade was erfunden", erzählt Ehefrau Helga. Das aktuellste Projekt ist ein umschaltbarer Verteiler, mit dem beim Auto per Knopfdruck von Benzin auf Flüssiggas umgeschaltet werden kann. Thaler wollte sein Auto auf Gas umrüsten. Von den bisherigen Systemen "hat mir keines gefallen". Jetzt hat er mit der Huber Group in Mülhausen schon eine Zusammenarbeit vereinbart, die Weltneuheit zu produzieren.

Erfinder verbessern die Welt, davon ist Thaler überzeugt. Doch nur ein Promille "verdient auch etwas damit". Deutschland ist für ihn ein Land, das freien Erfindern das Leben unsagbar schwer macht. Weil vor allem große Firmen Patente mit dem Argument ablehnten, "das ist ja nicht von uns". Fatal nennt er die Entwicklung. "Deutschland braucht Erfinder, aber behandelt sie wie Spinner." Er selbst hat im Ausland 17 Lizenzen für seine Produkte, in Deutschland drei. "Das sagt alles."

Stecker ohne Geschlecht

Mit 15 Jahren sagte er in der Schule schon, er wolle Erfinder werden. Mit 33 hatte er sein erstes Patent. Es ging um einen "geschlechtslosen Steckverbinder", der es zum Beispiel Erdölfirmen ermöglichte, lange Elektrokabel mit Weibchen (Loch) und Männchen (Stift) bei einem Defekt nicht immer komplett austauschen zu müssen. Der geschlechtslose Stecker passte immer. Für 100 000 Mark hat Thaler seine Idee damals an eine Firma verkauft − der Grundstock für alles weitere.

Pragmatisch ging er auch zu Werke, als er 1999 eine neue Herzklappe brauchte. Weil die gängigen aus Metall "alle geklappert haben", entwarf er kurzerhand eine dreiflügelige Klappe aus Herzgewebe von Rindern oder Schweinen. Sein behandelnder Professor war beeindruckt − und riet ihm dennoch zu Metall. Weil Tiergewebe "noch nicht so weit ist". Heute, sagt Thaler, sehen die gängigen Gewebeklappen so aus wie sein damaliger Entwurf.

Hiermit endet unsere dreiteilige Serie über freie Erfinder.

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