Enorme Hagelschäden an Autos
Region - Bei dem starken Unwetter Mitte Juli sind viele Autos durch Hagel beschädigt worden. Da zahlreiche Schadensmeldungen bei den Versicherungen eingingen, hat die Württembergische Versicherung in Flein eine Sammelaktion zur Beurteilung von Schäden veranstaltet.
Flein - Melanie Dorn fährt in die Garage der Fleiner Lackiererei Jonas und stellt ihren Peugeot 206 direkt unter der grellen Neonröhre ab. "Das ganze Dach und die Motorhaube sind voll", sagt die Beilsteinerin zum dort wartenden Gutachter der Württembergischen Versicherung und zeigt auf kleine Dellen, die sich dicht an dicht über das Autoblech ziehen. Das starke Unwetter Mitte Juli, mit teilweise bis zu 30-minütigem Hagelschlag, hat im südöstlichen Landkreis Heilbronn auch auf den Autos deutliche Spuren hinterlassen.
Sammelaktion
"Bei uns liefen die Telefone heiß", sagt der Sachverständige Dirk Heermann. Weil man diese Menge an Meldungen über Hagelschaden mit Hausbesuchen kaum bewältigen könne, habe man hier in Flein eine Sammelaktion organisiert. "Wir vergeben Termine wie beim Zahnarzt."
Um 11.30 Uhr hat der Peugeot von Melanie Dorn einen Termin. In seinen acht Jahren seit Erstzulassung wurde er schon zum zweiten Mal von Hagel bombardiert, erzählt die Besitzerin. Nachdem Gutachter Wolfgang Meißner den kleinen Franzosen unter dem Neonlicht eingängig betrachtet hat, lautet die schmerzhafte Diagnose: "Totalschaden". Ein Schock für die 27-Jährige. "Das hört sich schlimm an", findet sie. "
Die Reparaturkosten würden in diesem Fall den Wert des Fahrzeugs überschreiten", erklärt Meißner. Die Industriekauffrau bekommt einen Scheck: "Die Differenz zwischen Zeitwert und Restwert des Fahrzeugs." Melanie Dorn wird den Wagen weiterfahren, auch mit Dellen. "Im Normalfall geben wir den Kunden einen Scheck über die Reparatursumme", sagt Heermann. Ob man den Schaden reparieren lasse, oder das Geld behalte, sei dem Kunden überlassen. Hagel ist in der Teilkasko mit drin, sagt Heermann.
Trommelfeuer
Wie ein Trommelfeuer hat sich der Hagel auf dem Autodach für Udo Franz angehört. Er war an dem Unwetterabend vom 12. Juli gerade von der Arbeit heim nach Ilsfeld gekommen, als der Hagel anfing. "Ich konnte unmöglich aussteigen, so stark war das", sagt er. Hilflos habe er vor der Haustüre im Wagen gesessen und gewartet, bis es vorbei war.
Heute sind er und seine Frau mit ihrem Mazda da. Gutachter Dieter Reitinger hat Dach und Motorhaube untersucht. "Wenn die Schäden nicht zu groß sind, werden sie von so genannten Dellendrückern entfernt", erklärt er. Dabei werde mit einer speziellen Methode die vom Hagelkorn verursachte Vertiefung wieder herausgezogen. Er blickt auf das zerdellte Dach des Mazda und sagt: "Hier haben die Drücker viel zu tun." Im PC vermerkt Reitinger die Schadensumme: 1587 Euro.
Leslie Riha aus Beilstein fährt gerade wieder aus der Garage der Lackiererei heraus. Eigentlich hatte sie gar nicht damit gerechnet, Geld für ihren Ford Focus zu bekommen. "Schäden habe ich nicht gesehen, ich dachte aber, um sicher zu gehen, bringe ich das Auto trotzdem", sagt sie. Tatsächlich erkennt der Gutachter unter dem Neonlicht einzelne Dellen. Der Scheck für die 18-jährige Schülerin: 640 Euro.
Im Süden seien Unwetter mit Hagel insgesamt häufiger als im Norden Deutschlands, sagt Heermann. Er erinnert sich an eine Sammelaktion im Norden, bei der eine Kundin Hagelkörner, die ihr Auto beschädigt haben, in einem Gefrierbeutel mitgebracht hat. "Weil Hagel dort selten ist, hatte sie Angst man würde ihr sonst nicht glauben."
Hintergrund: Sommerunwetter
Im Sommer sind Unwetter und damit auch Hagel häufiger als im Winter. „Das liegt daran, dass die Luft da wärmer und feuchter ist und somit mehr Energie im Spiel ist“, erklärt Jochen Bläsing, Meteorologe vom Deutschen Wetterdienst in Stuttgart. Hagel werde als Wetterphänomen nicht statistisch aufgezeichnet, da er sehr punktuell auftrete. Langzeituntersuchungen hätten aber gezeigt, dass es keine signifikante Zunahme von Hagel innerhalb Deutschlands gebe. fur