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Drei Monate nach der Verhaftung: Ein Motiv gibt es immer noch nicht (30.12.2009)

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Heilbronn - Drei Monate nach der Verhaftung des Tatverdächtigen im Fall um den brutalen Mord an einer 69-jährigen Rentnerin in Wüstenrot-Neulautern bereitet der Staatsanwalt die Anklage vor.

Von Carsten Friese

Mordfall - Irgendwie ist einiges nach wie vor sonderbar. Drei Monate sind seit der Verhaftung des Tatverdächtigen im Fall um den brutalen Mord an einer Rentnerin in Wüstenrot-Neulautern vergangen. Der Staatsanwalt bereitet die Anklage vor. "Sie wird auf Mord lauten", sagt Harald Lustig und verweist auf das Geständnis des verhafteten Nachbarn und Beweise der Ermittler.

Gutachten

Ein Motiv für die Tat fehlt jedoch weiterhin. "Es gibt keine genaue Einlassung des Beschuldigten", sagt Lustig. Ein Motiv sei noch nicht zu Tage getreten, "dass man sagen kann, es macht Sinn".

Es war Mitte August, als der Täter die alleinstehende Rentnerin (69) in ihrer Ferienwohnung durch Schläge auf den Kopf und massive Schnitte in den Oberkörper so zurichtete, dass sie verblutete. Noch hat der Staatsanwalt nicht die komplette Akte, weil umfangreiche Gutachten - zum Beispiel zur Entstehung der vielen Blutspuren in der Wohnung - verfasst werden. Im Januar will er die Anklageschrift erstellen.

Genspuren

Eine Tatwaffe war ein Messer, die zweite nach Stimme-Informationen der Stiel eines axtähnlichen Werkzeugs. "Wir haben eine Tatwaffe, an der Spuren des Opfers sind", sagt der Staatsanwalt. In der Wohnung des 48-jährigen Nachbarn, eines zurückgezogen lebenden Gabelstaplerfahrers, fanden die Ermittler eine Tüte mit mehreren tausend Euro Bargeld und persönliche Gegenstände des Opfers. Das Geld stimmt mit der Summe überein, die die Rentnerin kurz vor ihrem Tod bei einer Bank abgehoben hatte. Ein Gegenstand, den der Nachbar hatte, war ein Lippenpflegestift. An diesem fand die Polizei Genspuren der Getöteten. In mehreren Zimmern gab es nach Lustigs Angaben Blutspuren. Auf dem Schlafzimmerboden war die Leiche gefunden worden.

Verlassen liegt das Haus mit den vier Wohnungen in der Straße Langes Eck nach Weihnachten da. Anwohnerin Anneliese Schipka (Name geändert) hat in dem Mordfall Besonderes erlebt, eine Begebenheit, die sie sehr nachdenklich machte. Matthias F., der Nachbar der Getöteten, den sie nur flüchtig kannte, ist sechs Tage nach dem Fund der Leiche ganz aufgelöst zu ihrem Haus gekommen. "Glauben Sie, dass ich ein Mörder bin?", hat er mehrfach gefragt. Die 49-Jährige verneinte. Sie bat ihn ins Haus und sprach in Ruhe mit ihm. Beide saßen auf dem Sofa im Wohnzimmer.

Dass die Polizei ihn verdächtige, Hammer und Spaltkeil mitgenommen habe, und dass dieser Druck ihn sehr belastet, erfuhr sie. Der Nachbar befürchtete, Neulauterner Bürger würden ihn "fertig machen", weil er unter Verdacht steht.

Zweifel

Matthias F. berichtete, dass er für die Rentnerin in deren Wohnung öfter etwas repariert habe, wie er mehrfach seinen Job verloren habe und dass vor zwei Jahren seine Mutter gestorben sei. "Er war verängstigt. Später hat er sich entspannt. " Als hochgradig verletzbaren Außenseiter ohne großes Selbstwertgefühl erlebte Schipka den leicht stotternden Mann. Am Ende bedankte er sich fürs Zuhören.

Hinter dieser Tür wurde die Rentnerin ermordet. Spurensicherer haben draußen ihre Utensilien abgestellt. Mehrere Tage untersuchten sie die Wohnung.Foto: Archiv/Dirks
Hinter dieser Tür wurde die Rentnerin ermordet. Spurensicherer haben draußen ihre Utensilien abgestellt. Mehrere Tage untersuchten sie die Wohnung.Foto: Archiv/Dirks

Umso überraschter war die 49-Jährige, als sie von seiner Verhaftung erfuhr. "Der war es nicht", war ihr erster Gedanke. "Wenn er es war, dann muss etwas zwischen den beiden vorgefallen sein, was ihm höchste seelische Qualen bereitet hat", vermutet die Frau.

Beklemmende Gefühle, dass ein mutmaßlicher Mörder mehr als eine Stunde bei ihr im Wohnzimmer saß, hat sie nicht. "Ich habe im Regelfall keine Angst vor Menschen." Zudem sei ihr 33 Kilo schwerer Hund, eine Mischung aus Rottweiler, Berner Sennen- und Schäferhund, bei ihr gewesen. Was sie nicht versteht: Dass die Polizei nach einer solchen Tat offenbar kein Opferblut in der Wohnung des Verhafteten fand. "Er hat offensichtlich sehr sauber gearbeitet", hatte Heilbronns Polizeichef nach der Verhaftung gesagt.

Mordfall NeulauternRascher Fahndungserfolg

Am 26. August fand der Bruder der getöteten Rentnerin ihre Leiche in der Ferienwohnung in Neulautern. Mehrere Tage muss die 69-Jährige bereits tot in der Wohnung gelegen haben. Die Polizei setzte eine Sonderkommission ein und prüfte auch alte Kriminalfälle mit ähnlichen Tatstrukturen. Dreieinhalb Wochen später, am 18. September, nahmen die Ermittler den nicht vorbestraften Nachbarn nach einer Wohnungsdurchsuchung als Tatverdächtigen fest. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Ein Psychiater hat über den 48-Jährigen ein Gutachten erstellt. Nach HSt-Informationen stellte er keine besonderen psychischen Krankheiten fest.


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