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Das Amt des Bürgermeisters ist beschädigt

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Leingarten - Der Leingartener Bürgermeister Ralf Steinbrenner wird in der öffentlichen Gemeinderatssitzung am heutigen Donnerstag für seine zweite Amtszeit verpflichtet. Steinbrenner war im März für weitere acht Jahre wiedergewählt wurden. Nach längerer krankheitsbedingter Abwesenheit will der 38-Jährige ab Juli wieder voll im Einsatz sein.

"Die Geschehnisse der vergangenen Wochen bedauere ich zutiefst."
          Ralf Steinbrenner
"Die Geschehnisse der vergangenen Wochen bedauere ich zutiefst." Ralf Steinbrenner

Leingarten - Es ist ein rein formaler Akt − aber dennoch vielerorts ein feierlicher Vorgang, wenn ein wiedergewählter Bürgermeister für eine weitere Amtszeit verpflichtet wird. Ob das am Donnerstagabend in Leingarten genau so sein wird? Mancher Gemeinderat sieht dem Ganzen mit gemischten Gefühlen entgegen, auch wenn das Gremium Ende April mehrheitlich bekundet hatte, gut mit Ralf Steinbrenner weiterarbeiten zu wollen. Das Verhältnis ist extrem angespannt.

Gerüchteküche

Es ist viel passiert in den vergangenen Monaten. Viele Scherben sind noch lange nicht zusammengekehrt. Im Gegenteil: Die 11 000 Einwohner große Kommune ist zur Gerüchteküche geworden. Manche kochen so eifrig ihr Süppchen, dass sie offenbar die Grundregeln des guten Geschmacks vergessen haben. "Hier sind alle Dämme gebrochen", sagt Thilo Klar. Die Bevölkerung sei mitverantwortlich "für den Unfug, der im Ort rumerzählt wird." Das Vorstandsmitglied des Wirtschaftskreises spricht vom "Rufmord an unbescholtenen Bürgern". Nicht nur der Respekt vor dem Bürgermeister sei abhanden gekommen, auch Unbeteiligte würden zu Opfern und überlegten, wegen der Verleumdungen ihre Existenz aufzugeben. "Niveaulos", nennt Steinbrenner das Gerede über sein Privatleben. Dazu äußern wird er sich nicht, "weil an den Gerüchten nichts dran ist". Klar fordert: "Es muss wieder Ruhe einkehren."

Steinbrenner selbst will künftig "durch Arbeit überzeugen". Einfach wird das nicht. Aber er weiß: "Ich habe mir das selbst zuzuschreiben." Sich als gerade wiedergewählter, aber noch nicht einmal verpflichteter Bürgermeister woanders zu bewerben, war alles andere als vertrauenserweckend. Und dabei noch zu hoffen, dass die Dinge nicht öffentlich werden, zeugt von mangelnder Geradlinigkeit. Die Abwanderungsabsicht anschließend mit Ausgebranntsein zu entschuldigen und sogar damit, dass der Gemeinderat seine Arbeit in der Vergangenheit nicht gewürdigt habe: Das nimmt ihm so mancher nicht ab. Auch andernorts gibt es Konflikte − sie auszuhalten, gehört zum Job eines Rathauschefs.

Jüngst schrieb der inzwischen wieder halbtags arbeitende Schultes im Amtsblatt: "Die Geschehnisse der vergangenen Wochen bedauere ich zutiefst." Ist er, der stets als überaus ehrgeizig galt und großen Wert auf sein Ansehen legte, geläutert? Er will nun "mit aller Kraft versuchen, das Vertrauen von Mitarbeiterschaft, Bevölkerung und Gemeinderat zurückzugewinnen." Dafür will der Bürgermeister die Kommunikation im Rathaus "deutlich mehr pflegen": Monatliche Mitarbeiterbesprechungen, regelmäßige Gespräche mit den Stellvertretern und mehr Informationen für den Gemeinderat plant Steinbrenner.

Glaubwürdigkeit

Das Amt jedoch ist beschädigt. Respekt und Würde wurden verletzt − zum einen durch das Agieren des Bürgermeisters, aber auch durch die Gerüchte, denen der Rathauschef ausgesetzt war. Seinem eigenen Ansehen und seiner Glaubwürdigkeit hat Steinbrenner ebenfalls geschadet. Der Bürgermeister darf sich keine Fehler mehr leisten. Diejenigen, die ihm schon vorher nicht wohlgesonnen waren, werden die gewetzten Messer stets griffbereit haben. Viele andere sind skeptisch, weil er sie enttäuscht hat.

Hat der 38-Jährige wirklich aus seinen Fehlern gelernt? Im Rathaus ist die Stimmung, wie unter der Hand zu hören ist, nicht gut. Etliche Mitarbeiter haben sich von einer Personalbesprechung vergangene Woche mehr erhofft: ein Lob etwa für ihren Einsatz in der Zeit ohne Chef. Stattdessen gab es nach Informationen unserer Zeitung kaum mehr als eine kurze Entschuldigung. Ein "Mehr an Kommunikation" sieht anders aus.

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