Daimler-Kritiker nimmt Schweinle in Schutz
Üble Nachrede gegen Konzern-Manager: Buchautor Jürgen Grässlin spricht vor Gericht von Mutmaßungen des Spediteurs
Heilbronn - Es geht um üble Nachrede und um die höchsten Führungszirkel im Daimler-Konzern. „Das war eine riesige Schweinerei“, sagte Daimler-Vorstand Rüdiger Grube gestern vor dem Heilbronner Landgericht. Er meinte damit die Zeit, wie er sie nach Presseberichten über angebliche Aktien-Insidergeschäfte erlebt hat. Sein Ruf sei kurze Zeit beschädigt gewesen, sein Haus sei durchsucht worden. „Weinend“ seien seine Kinder nach Hause gekommen, weil Mitschüler hämisch gefragt hätten, „ob der Papa schon im Gefängnis ist“.
Angeklagt ist der Neudenauer Spediteur Gerhard Schweinle, der vom Heilbronner Amtsgericht im ersten Prozess im November zu 2700 Euro Geldstrafe verurteilt worden war. Er soll Buchautor und Daimler-Kritiker Jürgen Grässlin Informationen gegeben haben, nach denen Vorstand Grube und der Kommunikationschef des Autobauers, Hartmut Schick, angeblich ihr Wissen um den bevorstehenden Rücktritt von Vorstandschef Jürgen Schrempp im Sommer 2005 für illegale Aktiengeschäfte genutzt hätten. Irgendwann standen ihre Namen unter dem Titel „Aktien-Sumpf“ in der „Bild“-Zeitung. Die Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren ein – und fand nichts.
Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts hatten sowohl die Staatsanwaltschaft als auch Gerhard Schweinle eingelegt. Jetzt begann der Prozess noch einmal von vorne. Doch anders als beim ersten Mal ist nun Daimler-Kritiker Grässlin als Zeuge dabei. Er bestätigte, dass er die Informationen und die Namen der Konzern-Manager von dem Neudenauer Spediteur habe. Es bestehe „mehr als ein Verdacht, dass Schick und Grube über Dritte Insidergeschäfte getätigt“ hätten, soll Gerhard Schweinle in einem Telefonat geäußert haben.
Gestern schränkte Grässlin den Gehalt der Aussage ein. Schweinle habe nur „eine bisschen festere Mutmaßung“ geäußert, keine Tatsachenbehauptung aufgestellt. Und er selbst habe nie öffentlich die Namen genannt. Er habe ja keinen Beweis in Händen gehabt. Wie die Namen dann zur „Bild“ kamen? Grässlin: „Von mir nicht.“
Gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gab der Daimler-Kritiker die Namen der Manager dagegen weiter. Die Behörde habe ihn zu dem Verdacht befragt. Da habe er so geantwortet, „dass die BaFin eine Spur hat“, erklärte der Buchautor („Das Daimler-Desaster“), der im Verein Kritischer Aktionäre als Sprecher aktiv ist.
Umgekehrt gibt es auch zwei Zeugen, die Grässlin die Urheberschaft für den Verdacht gegen die zwei Führungskräfte anlasten. Seine Reaktion: „Das sind definitiv Falschaussagen.“ Morgen wird der Prozess fortgesetzt.