Anlaufstelle bei Problemen aller Art
Seit zehn Jahren helfen Psychologen auffälligen Kindern, den Schulalltag zu bestehen

Heilbronn - Fünf Schulpsychologen kümmern sich um 6400 Grund- und Werkrealschüler in Heilbronn. "Wir könnten mehr sein", sagt Anja Hottinger, deutlich mehr. Dann kämen die Fachleute nicht erst im Notfall zum Einsatz − Vorsorge ist gerade so wichtig. Trotzdem fällt die Arbeitsbilanz der Psychologen positiv aus. Seit zehn Jahren sind sie in den Schulen mit Sprechstunden präsent.
Schulprobleme Denis stört im Unterricht, läuft durchs Klassenzimmer, nimmt anderen Schülern Sachen weg. Robin schläft in der Schule, zum Fußballtraining kommt er kaum noch, immer häufiger sitzt er daheim am PC und spielt World of Warcraft. Und Estelle schreibt plötzlich nur noch schlechte Noten, ist bedrückt, macht nicht mit. Kevin hat sich in wenigen Wochen zum Schulschwänzer entwickelt.
Oft wenden sich Lehrer an die Schulpsychologen, nicht selten liefern sie gleich eine vermutete Diagnose − "garantiert ADHS" (Aufmerksamkeitsdefizitstörung) − mit. Doch die Psychologen hören sich jedes Problem ganz genau an.
262 Mal vereinbarten sie im vergangenen Jahr Coachingtermine, trafen sich mit Lehrern zu anonymen Fallbesprechungen und gaben Rat, wie dem Kind begegnet werden könnte.
Sind indes alle pädagogischen Möglichkeiten ausgeschöpft, empfehlen die Lehrer den Eltern, sich doch an die Beratungsstelle zu wenden. "Im Großen und Ganzen können wir sie gewinnen", schildert Iris Krause den Kontakt zu den Eltern. Sie kommen in die Sprechstunde, mal mit, mal ohne Kind. Bisweilen sehen sie gar keine Probleme. Oder sie halten die Lehrkraft für überfordert. Aufgabe der Schulpsychologen ist es, die Lage auszuloten und Hilfe anzubieten, die akzeptiert werden kann.
354 Kindern und Jugendlichen standen sie im Jahr 2010 bei. Durchschnittlich treffen sie sich sieben Mal mit dem Kind oder/und seinen Eltern. "Der eine oder andere Fall könnte sicher mehr Gespräche brauchen", ist sich Meinolf Zünkler, pädagogischer Leiter bei der Kreisdiakonie, sicher. Immerhin gelingt es den Psychologen, Zweidrittel der Fälle ins Positive zu wenden.
Nichts ohne Eltern Prinzipiell gilt: "Es geschieht nichts, womit die Eltern nicht einverstanden sind", erklärt Rainer Jätzold, in dessen städtischer Beratungsstelle für Familie und Erziehung das Psychologenteam angesiedelt ist. "Auftraggeber sind die Eltern, nicht die Schule."
Die Psychologen sehen sich als unabhängige Fachleute von außen. Das ist auch das Besondere an ihrer Beratungsstelle: Sie ist von der Stadt Heilbronn finanziert. Klar sieht Jätzold angesichts der hohen Fallzahlen auch das Land in der Finanzierungspflicht. Doch dass die fünf Psychologen nicht ins System Schule integriert sind, halten sie alle für einen großen Pluspunkt ihrer Tätigkeit. So kann Vertrauen entstehen.
"Ich bin randvoll mit Terminen. Acht Gespräche habe ich in der Warteschlange", Anja Hottinger ist mehr als ausgebucht. Ihren Kollegen geht es kaum anders. Das Fünferteam auf den drei Stellen ist zurzeit auch nicht komplett.